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Predigt von Pfarrerin Johanna Bergner anlässlich des Neujahrs-Empfang in St. Wendel

"Komm doch mit"

Neujahrsempfang St. Wendel Privat

„Komm doch mit“, sagt eine Kollegin zu mir. „Komm doch mit zur Demo.“ Sie zeigt mir das Plakat auf Instagram. Da hat sie mich am Haken. Und heute Mittag stand ich dann mit 35.000 anderen Menschen auf dem Römerberg. Um zu demonstrieren für unsere Demokratie und gegen Rechts.

Nachdem Johannes der Täufer von König Herodes verhaftet worden war, kam Jesus nach Galiläa, um dort Gottes Botschaft zu verkünden: »Jetzt ist die Zeit gekommen, Gottes Reich ist nahe. Kehrt um zu Gott und glaubt an die rettende Botschaft!«

Als Jesus am See Genezareth entlangging, sah er dort Simon und dessen Bruder Andreas. Sie waren Fischer und warfen gerade ihre Netze aus. Da forderte Jesus sie auf: »Kommt, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschen machen, die andere für Gott gewinnen.«

Sofort ließen die beiden Männer ihre Netze liegen und gingen mit ihm.

Nicht weit davon entfernt begegnete Jesus Jakobus und Johannes, den Söhnen von Zebedäus. Die beiden waren im Boot und brachten ihre Netze in Ordnung. Auch sie forderte er auf, ihm nachzufolgen. Da verließen sie ihren Vater mit seinen Arbeitern und gingen mit Jesus. (Markus Evangelium, 1, 14- 20)

„Komm doch mit“, sagt Jesus zu Simon und Andreas, zu Jakobus und Johannes. „Komm doch mit mir ein Stück auf Gottes Weg.“ Er zeigt ihnen seine Vision vom Reich Gottes. Da hat er sie am Haken. Und die vier ziehen los, lassen Familie und Tagesgeschäft hinter sich.

Menschenfischer will Jesus aus ihnen machen.

Menschenfischer. Das klingt für mich beim ersten Hören leicht. Fast wie ein nettes Hobby: „Ich gehe Menschenfischen. Ein bisschen angeln. Ein bisschen reden hier und da, Menschen ansprechen.“ Meine Kollegin hatte mich leicht am Haken. Jesus hatte die vier Fischer scheinbar mit links an Land gezogen. Menschenfischen.

Doch Fischen ist harte Arbeit. Man muss geduldig sein und beharrlich sein. Wind und Wetter muss man aushalten.

Unvorhergesehenes kann passieren, Stürme können aufkommen auf See.  Naturgewalten herrschen bei diesem Beruf. In der Nacht geht es meist hinaus auf den See.

Und nicht nur auf dem See wird gearbeitet, an Land geht es weiter: Netze flicken, Fische ausnehmen und putzen, verkaufen. Und sich natürlich auch um die Boote kümmern.

Ein Knochenjob zu Tag- und Nachtzeiten.

Gingen die Fischer in tieferen Gewässern auf Fang, arbeiteten die Mannschaften von zwei Booten als Team zusammen. Immer und immer wieder brachten die Fischer das Netz aus und holten es ein — Stunde für Stunde. Unermüdlich sein heißt es in diesem Job. Und auch zusammenarbeiten. Allein fischen geht zwar, ist aber deutlich schwerer.

Vielleicht hat Jesus gerade deshalb die hart arbeitenden Fischer ausgewählt: Solche braucht es auch im Glauben an Gott. Die Beharrlichen, die dranbleiben. Die keine Tag- und Nachtzeit scheuen, ins Dunkel hinausfahren und etwas aushalten können. Solche braucht es zum Aufbau des Reiches Gottes.

Jesus wirft sein Netz aus, wählt die Fischer. Sie sollen ihm folgen. Oft wird angenommen, Jesus habe eher Arme und Benachteiligte in seiner Gefolgschaft gehabt. Doch den meisten Fischern ging es finanziell gesehen gar nicht schlecht. Die Fischer waren eine der ökonomischen Hauptstützen Galiläas und hatten, gemessen am Durchschnitt, ein gutes Auskommen. Sie konnten sogar Tagelöhner anstellen. Umso erstaunlicher ist es, dass Simon und Andreas, Jakobus und Johannes alles stehen und liegen lassen. Sie kommen mit, ohne großes Fragen und Gerede. Zumindest sagt der Text darüber nichts. Einfach so kommen sie mit Jesus mit.

Nicht immer ist es so einfach, denke ich mir. Nicht immer ist es so einfach, neue unbekannte Wege einzuschlagen und zu vertrauen, dass es gut geht. Nicht immer ist es so einfach, Gottes Ruf zu folgen und zu hoffen, dass mit jedem Schritt, den man tut, sein Reich näherkommen könnte.

Wir haben vorhin die Lesung aus dem Jonabuch gehört. In diesem Buch wird deutlich, wie schwer sich Jona mit dem Auftrag tut, den er von Gott bekommt. Jona wehrt sich. Will nicht aufbrechen. Erst beim zweiten Anlauf klappt es.

Auf dem Weg, den Jona schließlich einschlägt, kann er den Leuten nicht nach dem Mund reden, sondern muss eine unangenehme Botschaft überbringen. Er soll die Menschen in Ninive zur Rechenschaft ziehen. Er soll für die Sache Gottes einstehen. Allein ist das manchmal echt schwer. Da tut es gut, andere zu haben, die mitmachen. Auf der Demonstration heute Mittag war das so. 

Das Bündnis „Zusammen gegen Rechts“ ruft dieses Wochenende zur deutschlandweiten Demo für Demokratie und gegen den Rechtsruck durch die AFD auf. Eine Reaktion auf den Plan der sogenannten „Remigration“, den die AFD erarbeiten will. Ein Plan, der rassistisches Gedankengut in Aktion umsetzen will. Menschen, die hier Heimat finden wollen und schon Heimat gefunden haben, könnten ja in einen Musterstaat in Nordafrika ausgelagert werden, lautet es in diesem Vorhaben. Die Alarmglocken haben zum Glück bei vielen Deutschen geläutet.

Auf dem Social-Media-Kanal Instagram ploppten in den letzten Tagen Bilder von Christinnen und Christen auf, die sich klar gegen Rechts positionieren. „Komm doch mit zur Demo“, sagte mir eine Kollegin.          

Eine Menschenfischerin. Wie auch das Bündnis gegen Rechts Menschenfischer sind. Menschenfischen, damit nicht noch mehr der Rechten ins Netz gehen.

Die nämlich fängt die Menschen zum Tod. Heute haben wir auf der Demo, so hoffe ich, Menschen zum Leben gefangen.

Einige sind der AFD schon ins Netz gegangen. Es ist ein Unterschied, ob man Menschen umgarnen will mit trügerischen Argumenten und Hetzreden oder ob man ein Netz knüpft miteinander. Ein Netz, das Menschen halten kann, im Alltag, in Not, ja, im Glauben.

Und ich hoffe auch, dass es keiner großer Überzeugungsreden benötigen sollte, um sich gegen Rechts zu positionieren. Dass offensichtlich ist, was man tun muss. So wie bei Jesus. „Komm doch mit“, sagt er. Es bedarf nicht großer Überzeugungsreden. „Komm mit“. Jesus lässt Taten reden, Heilung sprechen. Gerade da, wo die Wasser tief und gefährlich sind. Wo Menschen vom Weg abkommen und sich gegeneinanderstellen.

Wo das gesellschaftliche Leben in Stürmen tobt, wo Menschen sich haltlos fühlen, ohne Grund hassen oder gegen Wellen der Ohnmacht ankämpfen. Da sind Menschenfischer gefragt. Dort soll ich Netze auswerfen.

Und wenn ich beharrlich bin, lerne ich, die stillen Wasser zu schätzen und die tiefen zu erkunden, lerne, Flachwasserkapitäne und die, die immer hohe Wellen schlagen, zu entlarven, und dafür anderen die Angst vor hohen Wellen zu nehmen.

Ich lerne zu sagen: Es reicht! Mich für etwas bekennen. Und dranbleiben.

Und ja, vielleicht gehören da solche Demos dazu für mich als Christin. Doch ich glaube, noch viel wichtiger ist es, nicht nur gegen etwas zu sein, sondern für etwas. Netze zu flicken, wo Verletzung geschieht, Menschen zu vernetzen, die sonst durch die Maschen fallen. Und mit anzupacken auf dem Boot, das Richtung Leben segelt. Amen.

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