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Luther, die Pest und Corona

Foto: wikimedia

Erstaunlich ist, wie sich in einem Text aus dem 16. Jahrhundert manche hilfreichen Gedanken finden, die uns in dieser Pandemiezeit im 21. Jahrhundert etwas zu sagen haben.

Als im August 1525 in Breslau die Pest ausbrach, wandten sich die dortigen Pfarrer schriftlich mit der Frage an Martin Luther, ob auch sie, wie so viele andere Breslauer die Stadt verlassen sollten.

Weil Luther von eigenen anderen Krankheiten abgehalten wurde, zog sich seine Antwort bis in das Jahr 1527 hin, als die Pest inzwischen auch Wittenberg erreicht hatte. Obwohl die Wittenberger Universität samt Professoren und Studenten nach Jena umsiedelte, blieb Luther mit Pfarrer Johannes Bugenhagen in Wittenberg. Die beiden hielten Gottesdienste und waren in der Seelsorge tätig.

Luther antwortete den Breslauer Pfarrern mit einer längeren Schrift:

„Ob man vor dem Sterben fliehen möge“.

Erstaunlich ist, wie sich in einem Text aus dem 16. Jahrhundert manche hilfreichen Gedanken finden, die uns in dieser Pandemiezeit im 21. Jahrhundert etwas zu sagen haben.

Einige Zitate aus Luthers Schrift zeigen, wie es damals wie heute wichtig ist, das richtige Maß zu finden zwischen Verharmlosung und übertriebener Ängstlichkeit.

Gebrauche die Arznei, nimm zu dir, was dir helfen kann, räuchere Haus, Hof und Gasse, meide auch Personen und Stätten, wo dein Nächster dich nicht braucht oder wieder gesund ist, und verhalte dich wie einer, der ein allgemeines Feuer gern dämpfen helfen wollte.

Denn was ist die Pest anderes als ein Feuer, das nicht Holz und Stroh, sondern Leib und Leben auffrißt?

Und denke so: wohlan, der Feind hat uns durch Gottes Zulassen Gift und tödliche Ansteckung hereingeschickt. So will ich zu Gott bitten, daß er uns gnädig sei und es abwehre. Danach will ich auch räuchern, die Luft reinigen helfen, Arznei geben und nehmen, Orte und Personen meiden, wenn man mich nicht braucht, damit ich mich selbst nicht vernachlässige und dazu durch mich vielleicht viele andere vergiftet und angesteckt werden und ihnen so durch meine Nachlässigkeit eine Ursache des Todes entsteht.

Will mich allerdings mein Gott haben, so wird er mich wohl finden; so habe ich doch getan, was er mir zu tun gegeben hat, und bin weder an meinem eigenen noch an anderer Leute Tod schuldig.

Wenn aber mein Nächster mich braucht, will ich weder Orte noch Personen meiden, sondern frei zu ihm gehen und helfen, wie oben gesagt ist. Sieh, das ist ein rechter, gottfürchtiger Glaube, der nicht tollkühn oder frech ist und auch Gott nicht versucht.

Luther rät also zunächst dazu, zu beten und dann selbst aktiv alles zu tun, womit man andere und sich selbst vor Ansteckung schützen kann. In dem Gottvertrauen, in dem er lebt, kann er dann auch erstaunlich gelassen über die Möglichkeit des eigenen Todes schreiben.

Im folgenden Zitat kann uns Luthers Unterscheidung zwischen kühn und tollkühn helfen, verantwortlich unseren Weg heute zu finden:

„Denn wer die Gefahr liebt“, sagt der weise Mann, „der wird drinnen verderben.“ (Sirach 3,27) Wenn man sich so in einer Stadt verhält, daß man kühn im Glauben ist, wo es die Not der Nächsten erfordert, und umgekehrt vorsichtig, wo es nicht notwendig ist, und ein jeder das Gift abwehren hilft, womit man kann, so ist gewiß ein geringes Sterben in solcher Stadt.
Aber wenn´s so zugeht, daß ein Teil allzu verzagt ist und vor seinem Nächsten in der Not flieht, der andere Teil allzu tollkühn und nicht abwehren hilft, sondern vermehrt, da hat der Teufel es gut, und es muß wohl ein großes Sterben werden. Denn auf beiden Seiten werden Gott und Mensch aufs höchste beleidigt, hier mit Versuchen, dort mit Verzagen: So jagt denn der Teufel den, der flieht, und behält gleichwohl den, der bleibt, so daß ihm niemand entläuft.

Pfarrerin Silke Alves-Christe

Foto: wikimedia, Maske: digital designer auf Pixabay, Montage: Gemeindeblick

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