Dreikönigsgemeinde

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Ordination-Predigt

Predigt zu Matthäus 11, 2 bis 10

Im Gottesdienst am 17. Dezember 2023 wurde Johanna Bergner in der Dreikönigskirche ordiniert.

Da aber Johannes im Gefängnis von den Werken Christi hörte, sandte er seine Jünger und ließ ihn fragen: Bist du, der da kommen soll, oder sollen wir auf einen andern warten?

Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Geht hin und sagt Johannes wieder, was ihr hört und seht: Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.

Als sie fortgingen, fing Jesus an, zu dem Volk über Johannes zu reden: Was zu sehen seid ihr hinausgegangen in die Wüste? Ein Schilfrohr, das vom Wind bewegt wird? Oder was zu sehen seid ihr hinausgegangen? Einen Menschen in weichen Kleidern? Siehe, die weiche Kleider tragen, sind in den Häusern der Könige. Oder was zu sehen seid ihr hinausgegangen? Einen Propheten? Ja, ich sage euch: Er ist mehr als ein Prophet. Dieser ist's, von dem geschrieben steht: »Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg vor dir bereiten soll.«

 

Zusammengekrümmt sitzt Johannes in der Ecke, der Kopf liegt auf den Knien. Die Furcht steckt ihm tief in den Knochen. Furcht vor dem nahen Tod. Doch noch schlimmer: Die Furcht, den Falschen angekündigt zu haben. Kann er es nun noch miterleben, ob Jesus der Richtige ist? So hatte er sich das nicht vorgestellt. Eine Vision hat er gehabt. Dabei hat er bescheiden angefangen. Keiner, der auf Kosten anderer groß werden will, keiner, der mit Besitztümern lockt. In die Wüste sind die Menschen gekommen, um ihn zu hören. Den hat er angekündigt, der die Heilszeit anbrechen lässt. Vor dem alle Hügel und Täler eben werden, der sogar die gefährlichsten Wogen glättet. Wogen, die Kälte und Tod bringen. Er dachte, er hätte ihn erkannt, den Wundertäter Jesus.

Und nun er fragt sich, ob er an ihn glauben kann. Oder sich doch getäuscht hat.

Johannes sitzt fest, zwischen Leben und Tod, zwischen bangem Fragen und lichtem Ausweg. Zwischen Zweifel und Gewissheit.

Einen Wunder-Rat bräuchte es jetzt.

Und seine Sehnsucht malt Zeichen der Zeit. Lässt Licht zwischen die schlechten Momente wandern, Strahlen, die die Zeit erhellen. Sie lässt die Tür einen Spalt breit noch offen für Gott. Sitzt lauschend auf der Schwelle. Dort hört sie, dass Blinde sehen und Lahme gehen. Und Johannes spürt: Die Zeichen stehen auf Heil.

Bedrückt schiebt Leila ihren Stuhl an den Tisch. Jeden Tag sieht sie gerade die Gewalt. Den Tod von vielen Menschen in Israel und Palästina. Und heute war wieder nicht viel Hoffnung bei dem Meeting in Givat Haviva, ein Campus für arabisch-jüdische Verständigung. Als arabische Christin hat sie sich hier nun schon zwei Jahrzehnte für den Frieden eingesetzt. Eine Vision hat sie gehabt. Dabei waren die Erwartungen ja nie so hoch. Aber so niedrig wie jetzt schon lange nicht mehr. Schritt für Schritt, hatte sie gedacht, wenn Menschen sich zusammentun. Sie hat es doch schon gesehen und gespürt, wie es sein kann, Frieden.

Und nun sie fragt sich, ob man gegen solchen Terror überhaupt ankommen kann. Ob ihr Glaube sie weiterhin hier durchtragen kann. 

Oder sie sich doch getäuscht hat.

Leila sitzt fest, zwischen Trauma und Tatkraft, zwischen diesem wunderbaren Land und ständiger Unruhe. Zwischen Hoffnung und fehlenden Zukunftsbildern.

Einen Friedefürst bräuchte es jetzt.

Und ihre Sehnsucht malt Zeichen der Zeit. Lässt Licht zwischen die schlechten Momente wandern, Strahlen, die die Zeit erhellen. Sie lässt die Tür einen Spalt breit noch offen für Gott. Sitzt lauschend auf der Schwelle. Dort hört sie, dass Lastwagen wieder Essensfuhren nach Gaza bringen und noch ein paar Menschen aus der Geiselhaft entlassen wurden.

Und Leila spürt: Die Zeichen stehen auf Heil.

Ich schaue aus dem Fenster, betrachte die Skyline von Frankfurt und gehe noch einmal durch, was ich gerade gelesen habe. Johannes der Täufer sucht Vergewisserung. Seine Sehnsucht kenne ich. Reicht, was ich getan habe? Reichen meine Worte, meine Gesten? Bin ich genug Sprachrohr gewesen? Kommt der eine, der alle Wogen glättet und Frieden bringt? Leise machen sich bei mir noch andere Befürchtungen breit. Wie wird das so, hier in Frankfurt und anderswo, mit der Präsenz der Kirche in Gesellschaft und Politik? Mit kleiner werdenden Gemeinden und notwendigen Stellenstreichungen?

Der Befürchtung Johannes, vergeblich auf den Messias gewartet zu haben, antwortet Jesus gerade nicht mit dem ersehnten: „Ich bin es, auf den du gewartet hast.“ Er sagt stattdessen: „Schau nicht mich an. Schau dich um. Blinde sehen und Lahme gehen.“

Ihr habt sie doch gesehen und gespürt, meint er. Die Sehnsucht, die Lichtstrahlen wandern lässt zwischen den schlechten Momenten. Die entdeckt statt wartet. Sich auf den Weg macht. In Wüste und Einsamkeit hinein. In Chaos und Gewalt hinein.

Und es ist diese uralte Sehnsucht, die die Menschen verbindet, Generation um Generation. Die erleben lässt, was unmöglich scheint. Und Wunder weitererzählt, weil die Leid, Angst und schlimme Erfahrungen durchbrechen. Brechen mit dem, was lähmt und taub macht. Immer wieder. Solange, bis die Hoffnung wie helle Lieder wieder überall zu hören ist. Lieder, wie es um die Weihnachtszeit so viele davon gibt. Die auch so voller Erwartungen sind und davon Bände sprechen. Erwartungen, die von der Gefängniszelle des Johannes bis zu Leilas traumagebeutelter Gegenwart reichen.

Jesus weiß das, und er fragt genau danach: „Was hast du erwartet?“ Worauf wartest du wirklich? Und wonach sehnst du dich?

Bei den rapide steigenden Kirchenaustritten? Bei Krieg und Ausbeutung in allen Ecken der Welt? Und der Zunahme von Antisemitismus und Ausgrenzung?

Wonach auch immer du dich sehnst, halte sie wach, deine Sehnsucht.

Denn solche Sehnsucht lässt Menschen anfangen, lässt sie aufstehen und Gott den Weg bereiten, auch wenn manchmal alles stehen und liegen gelassen werden muss. Menschen wie Johannes und Leila. Menschen wie die Hirten in der Weihnachtsgeschichte, die ihrer Hoffnung nachgehen, und die weisen Könige, die neue Wege suchen. Nicht zuletzt Maria, die hartnäckig nach einem Platz sucht, wo der Gottessohn das Licht der Welt erblicken kann.

Sehnsucht, nach Wunder-Rat und Friedefürst. Ich lese diese Worte und weiß, was ich erwarte: eine Gemeinschaft, die trägt. Die Heilung zulässt und Hoffnung beim Namen nennt.

Ja, ich merke: Ich sitze fest, zwischen Energieverlust und Machbarkeit, zwischen frommem Wunsch und harscher Wirklichkeit. Zwischen dem Himmelreich und dem Erdboden der Tatsachen.

Eine Gott-Kraft bräuchte es jetzt.

Und meine Sehnsucht malt Zeichen der Zeit. Lässt Licht zwischen die schlechten Momente wandern, Strahlen, die die Zeit erhellen. Lässt die Tür einen Spalt breit noch offen für Gott. Sitzt lauschend auf der Schwelle. Dort hört sie die Glocke, die zum gemeinsamen Friedensgebet ruft, und helles Kinderlachen durchs Kirchenschiff hallen.

Und ich spüre: Die Zeichen stehen auf Heil.

Amen.

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