Einblicke in die Dreikönigskirchturm-Baustelle
Seit 2020 wird der Dreikönigs-Kirchturm saniert. Der Kirchenvorstand hatte Ende November die Gelegenheit, an einer Baustellenführung teilzunehmen und möchte Sie als Gemeindemitglieder nun teilhaben lassen an den spannenden Informationen. Der Sanierungsfortschritt wurde erläutert durch die Bauleiterin Architektin Mai Quynh Lai, M. Sc., und den Projektleiter sowie Partner des für die Sanierung zuständigen Planungsbüros (Planungsgruppe Darmstadt) Architekt Dipl.-Ing. Udo Raabe.
Bei durchwachsenem Wetter ging es hoch hinaus bis zur Turmspitze, zunächst mit dem Lastenaufzug bis auf ca. 30 Meter Höhe, die restlichen 40 Meter mussten dann auf dem immer enger werdenden Gerüst über regennasse Leitern sowie glitschige Holzbohlen und Stahlstangen selbständig erklommen werden.
Alle waren froh über die vorgeschriebenen Helme, denn in dem engen Gerüstbau stieß man immer wieder mit dem Kopf irgendwo an – kleine Personen waren klar im Vorteil! Ungewohnt war dabei der Umstand, dass das Gerüst gar nicht direkt am Gebäude anliegt, sondern zwischen Gerüst und Kirchturm eine ca. 30 cm breite Spalte klafft. Eigentlich logisch, denn dies erleichtert den Handwerkern die Arbeit: Der Abstand zwischen den Händen am Arbeitsort und dem auf dem schmalen Gerüst stehenden Körper wäre zu knapp, wenn es diesen Spalt nicht gäbe. Das alles war ganz schön aufregend und ließ den Puls höher schlagen. Beachtlich, wenn man sich vorstellt, dass die Handwerker täglich diesen Weg samt Arbeitsmaterialien bezwingen müssen.
Der Gerüstbau um den Turm ist sehr komplex, und allein der Aufbau hat ein halbes Jahr in Anspruch genommen: Auch wenn alles wie ein einziges Gerüst aussieht, so handelt es sich dennoch um zwei voneinander unabhängige Gerüste: das untere Gerüst ist ca. 30 Meter hoch; bereits hierfür war der Aufbau knifflig, da der seitlich vom westlichen Hauptportal gelegene Außenzugang zum Treppenhaus/Orgelempore als Fluchtweg freigelassen werden musste.
Das sich an das untere Gerüst anschließende, etwa 40 Meter hohe zweite Gerüst ist komplett eigenständig und lastet lediglich auf 4 Stahlträgern, die in 30 m Höhe eigens dafür durch den Kirchturm hindurchgeschlagen wurden; eine weitere Verankerung existiert nicht. Dieses obere Gerüst würde selbst dann arbeitsfähig bleiben, wenn das untere Gerüst abgebaut würde – eine Meisterleistung!
Bei der Ankunft auf der obersten Gerüstetage an der Kirchturmspitze, zeigte sich das Wetter gnädig und legte eine kurze Regenpause ein. Man wurde mit einer fantastischen Aussicht über die wolkenverhangene Stadt, samt dem leuchtenden Frankfurter Weihnachtsbaum, für den Aufstieg belohnt.
Während der Arbeiten an Turmkugel, Kreuz und Wetterhahn stand einige Wochen zuvor auf dieser Gerüstebene sogar ein weiteres, etwa 10 Meter hohes drittes Gerüst, welches aus statischen Gründen jedoch jeweils nur bei gutem Wetter kurzzeitig aufgebaut sein durfte.
Auf dem Weg zurück nach unten hatten sich alle an die neuartige Umgebung gewöhnt und lernten bei spannenden Erläuterungen rund um die Sanierung viel Neues:
Herr Raabe erklärte, wie marode die Bausubstanz vor Sanierungsbeginn gewesen war: So lösten sich zum Beispiel bei der ersten Außenbesichtigung des Turms mit dem Hubsteiger große Steinbrocken insbesondere der Kreuzblumen alleine durchs Anfassen. Unvorstellbar, wenn diese Bauteile bei rauem Wetter einfach abgebrochen und hinabgestürzt wären!
Erst während der Sanierungsarbeiten hatte sich der Balkon in einem noch maroderen Zustand gezeigt als anfänglich angenommen. Durch jahrelange wetterbedingte Wasseransammlungen auf dem Boden war die Bausubstanz stark erodiert und ganze Steine mussten ausgetauscht werden.
Während der Sanierung wurden auch Risse im Kreuzgewölbe des Turmraums auf der Orgelempore verschlossen. Dies war aufwändiger als es sich anhört: Die Arbeiten fanden in räumlicher Nähe zur sehr staubempfindlichen Orgel statt, die adäquat geschützt werden musste. Daher wurde auch der Materialtransport nicht durch den engen Treppenturm-Aufgang und vorbei an der Orgel organisiert, sondern es wurden Teile der handbemalten Fenster des Turmraumes vorsichtig herausgetrennt, wo sich dann der Zugangsweg zum Baustellenabschnitt befand. Die Fenster wurden anschließend selbstverständlich wohlbehalten wieder eingesetzt.
Die Glocken des Kirchturms können im Gegensatz zu den erst vor einem Jahrzehnt ausgetauschten Zifferblättern der Uhr, welche damals zum Schutz abmontiert wurden, während der Arbeiten im Turm verbleiben, sind aber schonend verhüllt. Neu angebracht werden lediglich modernere Schall-Lamellen in den Schall-Austrittsöffnungen der Glockenstube, die durch einen veränderten Lamellenwinkel den Glockenschall weiter in die Stadt hinaustragen werden, während unmittelbar an die Kirche angrenzende Nachbarbereiche von einem reduzierten Schallpegel profitieren sollen.
Um Korrosion an den Baumaterialien zu vermindern, wird für sämtliche Metallarbeiten – zum Beispiel Nägel – nur Kupfer verwendet. Kupfer ist bautechnisch eines der hochwertigsten Metalle und wird vor allem eingesetzt, um eine möglichst langlebige Bausubstanz zu erhalten. Und diesem Aspekt kommt bei historischen Gebäude-
sanierungen natürlich eine große Bedeutung zu. Der Kirchturm besitzt geometrisch sehr komplexe Bauteile. Für die Handwerker bedeutet das Arbeiten an diesen Bauteilen einen ziemlichen Mehraufwand, da die Arbeiten meist manuell erfolgen müssen und nur wenig maschinell gearbeitet werden kann.
Spannend war auch, dass das gesamte Gerüst einmal pro Woche abgelaufen werden muss, um etwaige Vogelnester zu entdecken und gegebenenfalls entfernen zu können. Werden Nester zu spät entdeckt und sind die Küken bereits geschlüpft, muss ein Stadttaubenverein informiert werden. Die Küken werden dann auf einem Gnadenhof aufgezogen. Das regelmäßige Entfernen der Nester soll die Tauben dazu anregen das Eierlegen am Turm aufzugeben. So die Hoffnung …
Auch nach abgeschlossener Turmsanierung wird Vogelabwehr ein wichtiges Thema sein, was bereits während der Bauarbeiten beachtet werden muss. So ist vorgesehen, einen Wanderfalken auch als natürliche Vogelabwehr auf dem Kirchturm anzusiedeln. Für diesen Falken wurde bereits ein Nistplatz baulich vorgesehen. Dies ist mehr Aufwand, als es sich anhört, da der Nistplatz auch für Menschen zugänglich sein muss, um den Platz regelmässig inspizieren zu können. Daher musste ein Zugangsweg samt Stromleitungen für Licht etabliert werden. Bleibt zu hoffen, dass dieses Konzept auch aufgeht...
Mit dem Ende der Sanierung ist im Jahr 2023 zu rechnen.
Dr. Stefanie Wagner
Auge in Auge mit dem Dreikönigsgiggel
Wie weithin sichtbar, wird im nunmehr dritten Bauabschnitt derzeit der Kirchturm der Dreikönigskirche renoviert. Der Gerüstaufbau ist bemerkenswert und eines der aufwendigsten Baugerüste in ganz Frankfurt. Genaugenommen sind es sogar mehrere Gerüste: Die ersten 40 Meter reichen bis über den Balkon und die Uhr. Darüber stehen weitere 40 Meter bis zur Turmspitze hinauf. Um die Turmkugel, das Kreuz und den Wetterhahn abzunehmen, bedurfte es nun noch eines dritten Gerüsts, das nur für diesen Zweck kurzfristig errichtet wurde. Mitte Juni war es so weit: Im Beisein von allen verantwortlichen Gewerken, Stadt, Politik und Presse wurde das Turmkreuz demontiert und mit einem speziellen Autokran zu Boden gelassen.
Auch unser Gemeindemitglied Peter Hofmann, der seit über 20 Jahren ehrenamtlich die baulichen Belange der Dreikönigskirche betreut und mit verantwortet, hat den Aufstieg auf 80 Meter Höhe nicht gescheut und war dabei als die Turmkugel geöffnet wurde und es zu den sensationellen Funden von zwei Zweitkapseln kam.
Aus den Aufzeichnungen der Stadt Frankfurt weiß man, dass im August 1880, als das Turmkreuz gesetzt wurde, eine Stahlkassette mit Zeitdokumenten in luftiger Höhe hinterlassen wurde. Diese Kassette hing, nach mehr als 140 Jahren, noch immer unversehrt und fest verlötet in der Kugel. Doch im Dickicht der Spinnweben, die sich in der Turmkugel in all den Jahrzehnten angesammelt haben, fanden die Anwesenden noch weitere Gegenstände: Eine zweite Stahlkassette hatte die Jahrzehnte nicht ganz so unbeschadet überstanden. Sie war geöffnet und lag am Boden der Kugel. Was sie enthält, ist nur zu erahnen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Tageszeitung. Außerdem fanden sich noch drei Münzen zu 1, 2 und 5 Pfennig aus den Jahren 1875 und 1876. Ob sie vielleicht in alter Wunschbrunnen-Manier von den Arbeitern dort hinterlassen wurden und ob sich deren Wünsche wohl erfüllt haben? Noch geheimnisvoller erscheint ein weiterer Gegenstand, ein kleiner Flakon mit einer geheimnisvollen gelblichen Flüssigkeit. Was das wohl sein mag? Erste Vermutungen tippen auf Mainwasser oder unseren guten Sachsenhäuser Äbbelwoi.
Die Funde wurden der Stadt Frankfurt übergeben, der als Eigentümerin der Dreikönigskirche, welche eine der acht Frankfurter Dotationskirchen ist, auch die entdeckten Objekte gehören. Aufgrund dieses Dotationsvertrages ist es auch die Stadt, die für die Kosten der Renovierung und des Erhalts der Dreikönigskirche aufkommt. Allein die Turmsanierung beläuft sich auf 3,2 Millionen Euro. Wir als Dreikönigsgemeinde sind der Stadt Frankfurt sehr dankbar für diese Investition.
Peter Hofmann ließ es sich übrigens nicht nehmen, auch noch die allerhöchsten Stufen des Gerüsts zu erklimmen, um dem dreiköniglichen Wettergiggel ins Auge zu schauen, bevor auch dieser mithilfe des riesigen Krans zu Boden flatterte.
Herzlichen Dank, lieber Peter Hofmann, für all das Engagement und die sensationellen Fotos!
Bianca Mubiiki-Hörig
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Auch die Hessenschau war dabei und hat berichtet:
140 Jahre alter Apfelwein? Arbeiter entdecken Zeitkapseln in Frankfurter Dreikönigskirche