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Gottes Segen ist keine Magie

CC BY-SA 3.0 , via Wikimedia Commons

Gottesdienst zu Himmelfahrt

Predigt zum Gottesdienst am 18.05.2023 im Metzlerpark.

Liturgie:
Pfarrerin Alves-Christe und Pfarrer Mahnkopp
Predigt: Pfarrerin Silke Alves-Christe

Der Predigttext für den heutigen Gottesdienst an Christi Himmelfahrt steht in den allerletzten Versen des Lukasevangeliums, Kapitel 24,50-53:

Jesus führte seine Jünger aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie.
Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude und waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

Liebe Gemeinde!

Bei der Predigt am Fest Christi Himmelfahrt beneide ich englischsprachige Pfarrerinnen und Pfarrer darum, dass es in ihrer Sprache zwei unterschiedliche Worte für Himmel gibt.

In den beiden Ursprachen der Bibel gibt es allerdings wie bei uns im Deutschen auch nur jeweils einen Begriff für Himmel: im Hebräischen: Schamaijim, im Griechischen: Uranós.

Aber die Aufteilung dieses doppelsinnigen Begriffs Himmel, wie es im Englischen möglich ist, finde ich für das Verständnis dessen, was wir heute feiern, sehr hilfreich.

Den einen englischen Begriff kennen wir Frankfurter besonders gut wegen unserer berühmten Skyline, die wir hier im Metzlerpark beinahe vor Augen haben. Der blaue oder bewölkte Himmel über uns heißt auf Englisch „sky”. 

Den anderen englischen Begriff für Himmel haben wir eben im Lied von Eric Clapton gesungen. „Heaven” steht für die Welt Gottes, für seinen Herrschaftsbereich. Wenn wir Himmel und Himmel so unterscheiden, wird deutlicher: Die Wolkenkratzer der Frankfurter „skyline” können nur an dem kratzen, was man „sky” nennt, nicht aber an der Welt Gottes: heaven.

Obwohl die Himmelfahrtsgeschichte unter freiem Himmel stattfand, auf dem Jerusalem gegenüberliegenden Berg, dem Ölberg, auf dem das Dorf Bethanien liegt, steht in allen englischen Bibelübersetzungen in unserem Predigttext nicht „sky“, sondern „heaven“: „he parted from them and was carried up into heaven.“

Aufgefahren in den Himmel bedeutet also nicht, dass Jesus emporgehoben wurde an einen räumlich umgrenzten Bereich oberhalb unserer Erde, in eine Wohnung Gottes irgendwo über den Wolken, sondern er ist – herausgenommen aus den Dimensionen von Zeit und Raum – eingegangen in das erfüllte, beglückende Leben Gottes, heimgekehrt zu Gott.

Der Theologe Gerhard Ebeling hat klug formuliert:

„Nicht wo der Himmel ist, ist Gott, sondern wo Gott ist, ist der Himmel.“

Der Evangelist Lukas braucht nur zwei Sätze, um die Himmelfahrt Jesu zu beschreiben:

Jesus führte seine Jünger hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie.

Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.

Und während wir rätseln, wie das wohl genau vor sich gegangen sein mag, übersehen wir vielleicht das Wichtigste, das Einzige, was dem Lukas wichtig war zu erwähnen:

Jesus hob die Hände auf und segnete sie. Und als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.

Segnend also geschah die Himmelfahrt. Für den Evangelisten Lukas sind Himmelfahrt und Segensgeste eins. Segnend nimmt der auferweckte Gekreuzigte Abschied von seinen Jüngerinnen und Jüngern. Noch im Segnen entschwindet Jesus den Blicken der Zurückbleibenden.

An die Stelle seiner leibhaften, sichtbaren Präsenz tritt nun der Segen Gottes. Und die Gesegneten empfinden diesen Abschied im Segen offenbar nicht als traurig oder schmerzhaft, sondern:

Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude.

Im Segnen geht Jesus und bleibt zugleich da.

Denn der Segen verbindet den Segnenden und die Gesegneten auf engst mögliche Weise, geradezu unzerreißbar. Im Segen Jesu ist alles zusammengefasst, was er gesagt, gebracht, gewollt hat.

Jesus war ein einziger Segen für die, die sich ihm öffneten. Und dieser Segen wurde seinen Freunden bei der Himmelfahrt nicht genommen, sondern gegeben. Segen ist mehr als ein Abschiedsgeschenk, als irgendein Erinnerungsstück, das man irgendwo hinstellt und auf das ab und zu dann noch der Blick fällt.

Jesu Segen verändert seine Freunde selbst von Grund auf.

Als Gesegnete kehrten sie zurück nach Jerusalem. Der Segen macht den Abschied von Jesus nicht nur erträglich, sondern lässt ihn zu einem Neubeginn, zur Rückkehr ins Leben werden.

Darum heißt es, dass sie mit großer Freude zurückkehrten, obwohl sie gerade Abschied genommen hatten von Jesus.

Nicht zufällig erzählt Lukas die Himmelfahrt ja wie das Ende eines Gottesdienstes. Mit dem Segen Gottes gehen die Glaubenden wieder in ihr Leben und in ihren Alltag hinein – als Gesegnete, also mit der Zusage, auch da – in ihrem alltäglichen Leben – mit Gott verbunden zu sein.

Und jetzt ist es wichtig, noch einen Blick zu werfen auf den letzten halben Satz unseres Predigttextes. Nachdem sie zurückgekehrt waren nach Jerusalem mit großer Freude, wie genau ging es dann weiter? Der Evangelist Lukas schreibt – und er schreibt damit die allerletzten Worte seines Evangeliums:

und sie waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

Das finde ich erstaunlich: Nach der Himmelfahrt Jesu kehrten die Jüngerinnen und Jünger zurück in den Jerusalemer Tempel, in das Gotteshaus ihrer jüdischen Religion, wo sie auch gemeinsam mit Jesus gebetet hatten. In den Tempel, in dem Jesus als Zwölfjähriger nach langer verzweifelter Suche endlich von seinen Eltern wiedergefunden wurde und von dem er damals zu Maria und Josef gesagt hatte:

Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?

Mit dem Segen Jesu gesegnet ziehen die Gesegneten also nicht sofort los in alle Welt, sondern sie wissen, dass es Räume gibt, die uns Kraftquelle sein können, die uns helfen, die Verbindung mit Gott zu leben und zu bekräftigen.

Sie waren allezeit im Tempel und priesen Gott.

Und noch erstaunlicher als der Ort, der Tempel, ist das, was sie dort tun: Sie priesen Gott. So steht es in fast allen Bibelübersetzungen: sie priesen oder sie lobten Gott. Aber im griechischen Urtext steht da genau das gleiche Wort, das schon zweimal in unserem kurzen Textabschnitt vorkam und da jeweils mit „segnen“ übersetzt wurde: Jesus segnete sie. Und es geschah, als er sie segnete.

Wenn man das gleiche griechische Wort „eulogeo“ an jeder Stelle gleich übersetzen würde, müsste man folgerichtig übersetzen:

Sie waren allezeit im Tempel und segneten Gott.

Keine Bibelübersetzung traut sich das, weder hier noch an zahlreichen anderen Bibelstellen, und auch ich will jetzt nicht eine neue Übersetzung fordern, sondern ich will lediglich darauf hinweisen, dass es in dem Segensgeschehen, in das wir an Christi Himmelfahrt hineingenommen werden, nicht um eine Einbahnstraße von oben nach unten geht, sondern eher um einen Segenskreislauf, um ein Aufeinander-bezogen-Sein zwischen Gott und Mensch.

Gottes Segen ist keine Magie, die ohne uns wirkt, sondern Gottes Segen will unsere Antwort. Indem wir in die Segnung Gottes mit einstimmen, und Gottes Segen zu ihm zurückströmen lassen, wird der Segenskreis so dynamisch, wie Gott sich das wünscht. In der Segensbeziehung zu Gott stehend, werden wir ermutigt und ermächtigt, einander zum Segen zu werden. Ja, Gottes Segen empfangen, ihn Gott quasi zurückspiegeln, und aus dieser Segensbeziehung zu Gott heraus dann selbst Segen sein und Segen wirken, das ist der Lebensauftrag jeder und jedes Einzelnen von uns seit der Himmelfahrt:

Wir sind zum Segnen gesegnet. So kommen Himmel und Erde sich ganz nah.

Amen.

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