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Sommerpredigten 2023 - Bergpredigt nach Matthäus

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Ab 23. Juli 2023 immer um 10 Uhr

Die Bergpredigt (Matthäusevangelium 5 – 7) ist eine Werberede. Sie will Menschen zum Glauben motivieren. Wer sich auf das von Jesus in der Bergpredigt geforderte Verhalten einlässt, steht in einem heilvollen Zusammenhang, zu dem das eigene Handeln, aber auch das Handeln Gottes gehört.

Von Gott soll man vertrauensvoll alles erwarten und den Menschen gegenüber Barmherzigkeit üben, auch wenn dies für einen selbst zu Nachteilen und zu Verfolgung führt.

Doch wie einladend und überzeugend ist das? Was hat man davon, wenn man vor allem nach der Herrschaft Gottes strebt und versucht, seinen Willen zu tun?

Schon in den Seligpreisungen zu Beginn der Bergpredigt wird eine grundsätzliche Alternative zu einer allgemein üblichen Lebensführung vorgestellt. Die Leidenden werden glücklich gepriesen und über Anfeindungen soll man sich freuen. Das klingt befremdlich.

Und die Anforderungen sind hoch. Die Gerechtigkeit der Jünger Jesu soll besser sein als die der Besten ihrer Zeit, besser als die der Pharisäer und Schriftgelehrten (Mth 5,20). Man soll sogar seine Feinde lieben und denen Gutes tun, die einen hassen. Der Maßstab für das Handeln ist die Vollkommenheit Gottes selbst: „Ihr sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist“ (Mth 5,48).

Das scheint unerfüllbar zu sein und daher hat sich immer wieder die Frage nach der Lebbarkeit der Bergpredigt gestellt. Kann man so leben? Und warum sollte man das tun?

Für die meisten Menschen scheint das nichts zu sein. Jesus sagt selbst: „Wie eng ist die Pforte und wie schmal der Weg, der zum Leben führt, und wenige sind’s, die ihn finden“ (Mth 7,14).

Auf die große Masse kommt es jedoch hier nicht an. Das wird deutlich, wenn Jesus seine Jünger als Salz der Erde und als Licht der Welt bezeichnet (Mth 5,13.14). Eine kleine Minderheit kann das Ganze entscheidend verändern, heißt das. Nur wenige Menschen sind bisweilen nötig, damit das Leben für andere Menschen genießbar und hell wird.

Das in der Bergpredigt geforderte Verhalten leuchtet jedoch nur ein, wenn man die Voraussetzung dieses Verhaltens beachtet: das unbedingte Vertrauen auf die Vatergüte Gottes.

In der Mitte der Bergpredigt steht ein Gebet. Die Bergpredigt hat damit ein spirituelles Zentrum: das Vater Unser. In den Bitten dieses Gebetes wird deutlich, was Menschen wirklich benötigen und von Gott vertrauensvoll erwarten können.

Die Möglichkeit eines sorgenfreien Lebens tut sich hier auf. Sorge ist in die Zukunft gerichtete Angst um das, was jeder zum Leben braucht. Wer sich sorgt, hat aus schlimmen Erfahrungen gelernt und will schlimme Erfahrungen verhindern. Wenn Jesus sagt „Sorgt euch nicht um euer Leben“ (Mth 6,25), behauptet er, in der Sorge hätte man noch zu wenig gelernt.

Die Macht der Sorge wird gebrochen, nicht indem die Mühsal des Lebens verdrängt, sondern indem sie auf den heutigen Tag begrenzt wird: „Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat“ (Mth 6,34). Bewusst in der Gegenwart leben kann, wer vom Blick in die Zukunft nicht gelähmt und vom Grübeln über die Vergangenheit befreit wird. Die Suche nach dem Reich Gottes erlöst von der Sorge und macht für die Gegenwart frei, weil das Leben im Vertrauen auf Gott zu sich selbst findet. Durch diese Haltung entsteht eine einzigartige Souveränität und Freiheit.

Mit moralischen Ermahnungen allein ist es bei diesem Thema freilich nicht getan. Ethische Appelle verderben in der Regel die Stimmung, aber verändern nicht die Situation. Wir benötigen zu einem guten und gelingenden Leben die Befreiung durch Gott, die Freiheit des Glaubens. Lebensangst und Existenzsorge können durch Gottes Gnade einem Grundvertrauen weichen, einem Mut zum Sein, den Jesus Glauben nennt.

Kann man dem trauen? Oder ist die Angst, in diesem Fall das Entscheidende zu verpassen und im Leben zu kurz zu kommen, am Ende stärker? Das lässt sich wohl nicht ein für alle Mal beantworten, denn diese Frage stellt sich im Glauben an Gott immer wieder. Martin Luther nannte das Anfechtung: die Zweifel an der Güte Gottes. Diese Zweifel müssen immer neu betend überwunden werden. Ob und wie das geht, wird wohl nur erfahren, wer es versucht.

In ihrer Radikalität und Fremdheit fordert die Bergpredigt uns als Christen jedenfalls immer wieder heraus. Sie schreckt ab, fasziniert aber auch.

Pfarrer Jürgen Seidl

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