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"Suche Frieden und jage ihm nach."

Predigt gehalten von Pfarrer Andreas Klein zu Epiphanias am 06.01.2019 in der Bergkirche.

"Lass ab vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!"
Psalm 34,15

Liebe Gemeinde,

zwei Impulse sollen uns heute bei der Predigt am Dreikönigstag leiten.

Zum einen: Ich möchte mit Ihnen auf zwei der Bilder schauen, die Charles Crodel in die Glasfenster der Seitenempore der Dreikönigskirche gemalt hat – und wir schauen auf die Jahreslosung für das neue Jahr 2019.

Der in Marseille geborene Künstler Charles Crodel (1849-1973) gestaltete dann im Jahr 1956 die neuen Fenster der Dreikönigskirche. Die mussten ja neu werden, weil bei der Sprengung der alten Brücke kurz vor Kriegsende alle Bilder zerstört wurden.

Nun entstand eine besondere Reihe mit 20 Bildern der Reise der drei Männer nach Bethlehem.

Eines davon zeigt die drei gelehrten Weisen, Sterndeuter bei einer der Besprechungen, in welche Richtung es denn weiter geht. Und das andere zeigt sie unterwegs – doch ihre Hände weisen in ganz unterschiedliche Richtungen.

Foto: privatDreikönigskirche - Nordfenster - Die Heiligen Drei KönigeDreikönigskirche - Nordfenster - Die Heiligen Drei Könige

Das ist merkwürdig, denn der Stern zeigt ihnen doch den Weg; das müsste doch unstrittig sein, wohin sie gehen. Wir haben es eben in der Schriftlesung für den Erscheinungstag gehört:

Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her...
Matthäus 2, 9

Was sie eben nicht begreifen und was sie doch so irritiert: Sie sind angelogen worden. König Herodes, Statthalter von Juda, hatte großes Interesse am neugeborenen Kind gezeigt, zu dem der helle Stern die drei Männer leitet, er wolle das Kind anbeten, sagte er ihnen – in Wahrheit will es töten.

Sein Erschrecken und die Angst um die ohnehin knappe Machtfülle unter der römischen Herrschaft kann der Statthalterkönig Herodes gerade so verbergen und so macht er die Männer zu Botschaftern seiner Sache. Ohne es zu merken, ziehen sie auf sein Geheiß, unter seinem Geleit in seinem Auftrag. Sie merken es gar nicht, dass sie böser Absicht manipuliert und instrumentalisiert werden.

Die Bilder von Crodel, gemalt auf grau schimmernden Hintergrund der Gläser, mit vielen Kreuzen versehen, versetzen uns noch einmal in die Situation 1956, nur 11 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Nach so viel Schuld, Tod und Schrecken – was ist jetzt die richtige Orientierung? Viele der jungen Menschen, die in den Jahren der NS-Herrschaft geprägt wurden, waren selbst angelogen worden, seit sie Kinder in der Hitler-Jugend waren.

Einen wirklichen Neuanfang wird es nur geben, wenn offen gestritten wird, was uns geleitet hat und wohin der Weg fortan führen soll.

Einen wirklichen Neuanfang wird es nur geben, wenn offen gefragt und geprüft werden kann, wer denn etwas davon hat, Dinge so oder so zu tun! Offenkundige Antworten geben wir gern, doch wer zieht die Fäden im Hintergrund? Was sagen wir, wenn es undurchsichtig und komplex wird? Ist dann Rückzug ins Private angesagt?

Deshalb ist die Geschichte von den drei Männern eine Ermutigung für uns, am Anfang des neuen Jahres keine Angst vor dem nötigen Diskurs, ja Streit, zu haben! Und den wird es ja geben müssen.

Die Jahreslosung für unser Jahr 2019 steht im Psalm 34 – und heißt in der Lutherübersetzung:

Suche Frieden und jage ihm nach

Das ist kein Trostwort, kein Gedicht, kein Gebet, sondern ein Weckruf, ein Imperativ – eine Parole! Und es ist eine Jahreslosung, die viele von uns schon etwas Älteren in die 60er, 70er und 80er Jahre zurückversetzt:

Studentenunruhen, Vietnam-Krieg, Ostermärsche, Nato-Doppelbeschluss, Pershing-Raketen, Friedensbewegung im Westen und im Osten „Schwerter zu Pflugscharen“ – dann kam 1989 und 1990 der Fall der Mauer, das Öffnen des Eisernen Vorhangs, Hoffnung auf Entspannung und internationale Zusammenarbeit.

Doch schon bald wurden die Hoffnungen auf Frieden enttäuscht. Kriege in Jugoslawien, Golfkrieg 1, Einsatz der Bundeswehr im Kosovo, der 11. September 2001 und der Golfkrieg 2, Sicherheit Deutschlands am Hindukusch, „arabischer Frühling“ und Krieg in Syrien, Besetzung der Krim und eine Welt, in der die Präsidenten mächtiger Länder Trump, Putin, Erdogan und nun auch Bolsonaro heißen.

Suche Frieden und jage ihm nach!

Eine Jahreslosung, die deutlich macht, dass das Streben, das Brennen nach Frieden, das „Jagen“ nach dem Frieden nicht friedlich schiedlich zurückhaltend ist, sondern kräftig und streitbar. Der Frieden kommt nicht, wenn man still hält und nichts tut, es gilt, den Frieden zu suchen, ihm nachzujagen.

Die Friedensbewegung der 80er Jahre, wie zuvor schon die Friedensbewegung der Nachkriegszeit, der Wiederbewaffnungsgegner und der Ostermärsche war vom Stichwort der Abrüstung geprägt. Es war eine Welt, in der es ein polares hin und Her der Auffassungen gab. Hält man zur Sowjetunion oder zur von den USA geführten freien Welt.

Und die Bewegung sagte: Frieden entsteht nicht durch das Gleichgewicht des atomaren Schreckens auf beiden Seiten, sondern durch Annäherung, Gespräche, Wandel und Handel.

Das ist heute unübersichtlicher geworden. Es gibt viel mehr Atommächte und immer noch ein Potential für einen atomaren Overkill. Aber zu den beiden Großmächten hat sich China gesellt; vielleicht hat auch Nordkorea schon Atomwaffen; sicher haben sie Indien und Pakistan. Das Szenario ist viel komplizierter geworden, aber die Forderung der Jahreslosung gilt doch auch heute. Der Weckruf, der Imperativ – die Parole, sie ist laut und deutlich zu rufen:

Suche Frieden und jage ihm nach!

Ich vermute, dass wir das alle ebenso mit lauter Stimme rufen und gleichzeitig vermute ich, dass wir es nicht tun – dem Frieden nachzujagen, denn wir haben uns, und das ist heute das Gegenüber der Jagd auf andere Dinge verschrieben. Unser Streben, unser Interesse gilt anderen Sorgen. Wir jagen gerne:

Schnäppchen zum Beispiel.

War das für Sie in der Adventszeit beim Einkaufen der Geschenke auch wichtig, auf gute Angebote zu achten? Wo sind die SALE-Rabatte noch ein größer. Es ist ja für viele Menschen ein Hobby geworden, den günstigsten Preisen nachzujagen. Klar, Konsumverzicht finden wir auch wichtig, aber verschenken Sie dann mal was Selbstgestricktes an Weihnachten. Wir wissen zwar auch, dass unser Streben nach günstigen Preisen meistens irgendetwas damit zu tun haben, dass irgendwo auf dieser Welt Menschen zu unglaublich niedrigen Löhnen und in Ausbeutung von Natur und Gesundheit arbeiten, aber wie gesagt, dafür kaufen wir ja auch schon lange Bio-Bananen beim Discounter. Die sind ja gar nicht viel teurer.

Merken Sie es, die Stoßrichtung des Wortes ist heute eine ganz andere. Wäre das Wort in den 80er Jahren eine Parole für Pazifismus und Abrüstung gewesen, so ist es heute zuallererst ein Weckruf für Menschen, deren größte Sorge das Streben nach privatem Glück ist.

Wir sind nicht dagegen, nach dem Frieden zu jagen. Das finden wir sicher richtig, aber in der aktuellen Weltlage ist es doch sehr undurchsichtig geworden und das Streben nach Glück ist einfacher.

Und wir tun das übrigens mit der Rückendeckung der amerikanischen Verfassung und des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.

Die amerikanische Verfassung sieht im Streben nach Glück ein Grundrecht des Menschen:

Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräusserlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Streben nach Glück.

Und das Grundgesetz nennt es anders. Ein Mensch hat...

... das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt.

Das Grundgesetz deutet es an: Die persönliche freie Entfaltung darf die Rechte anderer nicht verletzen; und das Streben nach dem persönlichen, dem familiären Glück darf nicht auf Kosten anderer gehen.

Und dabei sind wir genau bei dem, was uns heute beschäftigen muss.

Das persönliche Streben nach Glück ist ein unveräußerliches Grundrecht. Doch gegen wen darf ich das durchsetzen? Und mit wem? Muss ich das Streben nach dem eigenen, nach dem familiären Glück vor anderen Menschen nicht auch schützen?

Durch eine Mauer in Mexiko oder einfach nur das Mittelmeer? Kann und darf und muss nicht das persönliche Streben nach Glück durch eine andere Instanz geschützt werden, damit die Menschen in ihrem Streben nach Glück nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten?

Das, liebe Gemeinde, ist die Situation, in der wir uns heute befinden. Die Jahreslosung mit ihrer starken Parole klingt heute ganz anders als in 1983.

Suche Frieden und jage ihm nach!

Dieses Wort, das trifft uns selbst in unserem Streben nach Glück. Und dieses Streben nach Glück wird ja auch gar nicht angegriffen und hinterfragt. Wir dürfen nach dem Glück streben, nach dem, was unser Leben froh macht, weil wir an einen Gott glauben, „der uns erhält, wie es uns selber gefällt“, der uns den Tisch deckt im Angesicht unserer Feinde und uns krönet mit Gnade und Barmherzigkeit.

Es geht der Bibel einfach nur darum zu zeigen, dass wir das eigene, das persönliche, das familiäre, und sicher auch das nationale Glück nie haben können ohne das Miteinander mit den anderen.

Kein Glück ohne den Frieden und kein Frieden ohne Glück. Das Streben nach Glück und das Jagen nach Frieden gehören so zusammen wie die beiden Teile des Doppelgebots der Liebe: Liebe Gott von ganzem Herzen, und deinen Nächsten – wie dich selbst.

Wir leben in einer unüberschaubar komplizierten und komplexen Welt, in der normale Tagesschaukonsumenten nicht wissen, was hinter den diplomatischen Türen gesprochen wird, wer auf dieser Welt Geld mit Kriegen verdient und ob es im Moment mit der Welt eigentlich bergauf oder bergab geht. In dieser komplexen Welt ist es immer einfacher, nur darauf zu achten, dass es einem selbst und den Lieben zuhause gut geht. Das ist auch nicht verachtenswert; das Problem ist nur, wenn mit dieser Politik Ängste geschürt und Wahlen gewonnen werden.

Die Bibel ist eindeutig.

Suche Frieden und jage ihm nach!

Die drei Könige waren unterdessen ja an der Krippe. Sie haben – auch das zeigen die Fenster von Charles Crodel – das Kind gesehen.

Sehet dies Wunder,
wie tief sich der Höchste hier beuget;
sehet die Liebe, die endlich als Liebe sich zeiget!
Gott wird ein Kind,
träget und hebet die Sünd;
alles anbetet und schweiget.

Und dann träumen sie in der Nacht. Und gehen nicht mehr zum König, der den Tod dieses Kindes will. Das begreifen sie erst im Traum. Ich finde das so interessant. Der Traum – so erzählt es die Bibel ja verschiedenen Stellen, hilft uns dazu, die Wirklichkeit zu sehen. Der Traum führt gerade nicht in die Traum- und in die Scheinwelt, sondern hilft den 3 Königen, die Manipulation, der sie in der Realwelt ausgesetzt sind zu begreifen. Sie gehen nicht zurück. Sie machen sich nicht zum Handlanger des Kindermörders. Sie sind doch selbst Weise und Könige und Freie.

Suche Frieden und jage ihm nach!

Darum geht es nun im Miteinander der Geschichten. Dass wir uns als freie Menschen erleben, die zum Friedenschluss in der Lage sind. Dass wir keine vom Durcheinander verwirrte, vom Konsum verführte, von Hasspredigern aufgestachelte Menschen sind, sondern Geliebte und Freie und Menschen, die bereit sind zum Frieden.

Amen.

 

 

 

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Aus Psalm 72:

Zu seinen Zeiten soll Gerechtigkeit blühen

Gott, gib dein Recht dem König
und deine Gerechtigkeit dem Königssohn,
dass er dein Volk richte in Gerechtigkeit
und deine Elenden nach dem Recht.

Zu seinen Zeiten soll Gerechtigkeit blühen

Lass die Berge Frieden bringen für das Volk
und die Hügel Gerechtigkeit.
Er soll den Elenden im Volk Recht schaffen
und den Armen helfen und die Bedränger zermalmen.

Zu seinen Zeiten soll Gerechtigkeit blühen

Er soll leben, solange die Sonne scheint
und solange der Mond währt, von Geschlecht zu Geschlecht.
Er soll herabfahren wie der Regen auf die Aue,
wie die Tropfen, die das Land feuchten.

Zu seinen Zeiten soll Gerechtigkeit blühen

Zu seinen Zeiten soll die Gerechtigkeit blühen
und großer Friede sein, bis der Mond nicht mehr ist.
Er soll herrschen von einem Meer bis ans andere
und von dem Strom bis zu den Enden der Erde.

Zu seinen Zeiten soll Gerechtigkeit blühen

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