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Gottesdienst zum Sommerfest am 5. Sonntag nach Trinitatis aus der Bergkirche

Predigt zum 5. Sonntag nach Trinitatis am 17.07.2022 aus der Bergkirche

Liturgie und Predigt: Pastoralreferent Martin Kestler

Wir machen was neues

Liebe Schwestern und Brüder im gemeinsamen Glauben,

wenn ich Leuten davon erzähle, dass man für das Wort „katholisch“ genauso gut „ökumenisch“ sagen könnte und damit auch von der röm.-ökumenischen Kirche sprechen könnte, ist man erstmal überrascht. Hintergrund ist, dass beide Worte aus dem Griechischen das „allumfassende, den ganzen Erdkreis betreffend“ meinen. Zwei Worte für dieselbe Bedeutung.

Vielleicht wird dies aber gern von meiner Kirche so ein bisschen unter den Teppich gekehrt, würde doch der ökumenische Eifer ein wenige allzu sehr betont werden. Am Schluss müsste man sich daran, weil ja im Namen steckend, gar noch messen lassen…
Und da sind wir doch gerade beim Problem der Ökumene. Ich nehme von meiner Kirche in Ökumenefragen immer nur salbunsgvolle Absichten wahr: „Es ist ein Auftrag Jesu, dass alle eins sein sollen. Aber der Hl. Geist wird uns schon führen“, solche und ähnliche Statements werden dann immer gerne abgegeben. Klingt für mich nach vertrösten und ein Abschieben des  Problems auf eine, hier die hl. Geistkraft, der man hoffentlich nicht so viel zutraut, dass wirklich eine Einheit zwischen unseren Kirchen entstehen kann. Die hl. Geistkraft kann man wunderbar ins Spiel bringen und gleichzeitig ignorieren.

Denn vorher müssen noch „große Unterschiede“ und „Konfliktpunkte“ geklärt, überwunden, diskutiert werden. Ob nun Christus mit, unter, im Abendmahl ist? Ob nun das sakramentale Amt, wie und an welche Amtsträger gebunden ist? Welche Glaubensartikel aufgezählt werden müssen, damit man von der „Fülle des Glaubens“ sprechen kann? Wie man genau beten muss, damit Gott, der immerhin allmächtige und allwissende, damit auch zurecht kommt? Fragen über Fragen…

Und ich glaube, dass Jesus keine einzige für so interessant hielt, dass Christ*innen getrennt voneinander den Fischfang, die pastorale Ernte, im heutigen Evangelium heben sollen. Um einmal das Bild des Evangeliums zu übertragen. Jesu Auftreten dagegen war gänzlich undogmatisch, ja fast desinteressiert an der gängigen Theologensprache seiner Zeit. „Pharisäer und Schriftgelehrte“ keine Lieblinge von ihm, er hielt sich gern bei Menschen auf, die eine Geschichte hatten, die gebrochen war. Zöllner, Huren, Habenichtse, Kranke. „Fahre hinaus, wo es tief ist“, so Jesus zu Simon. Wo es tief ist! Es geht doch nicht um Tipps zum Fischen dabei. Das Bild muss gedeutet werden: Man könnte doch auch sagen, „wo das echte Leben sich abspielt. Da werdet ihr verdammt noch mal gebraucht. Euer bisheriges „Alibifischen“ könnt ihr mal getrost sein lassen. Das will ich nicht von euch.“ Jetzt aber die Frage: Wo ist es denn tief?

Ich denke, an die Verzweifelten in ihren Beziehungen und Ehen. Das Feuer der Liebe erloschen, man lebt als Bruder und Schwester zusammen, die Kinder sind groß. Ein Scheitern der Ehe wäre eine so große Peinlichkeit, verzweifelt versucht man durchzuhalten. Was sagen denn die Leute? In meiner Seelsorgepraxis höre ich das häufig. Da wird mal tief gesprochen, was man sich eigentlich wünscht und was man braucht. Habe ich, haben wir Kirchen eine Antwort? Sind wir als Ansprechpartner*innen gefragt für eine Not, die es so häufig gibt? Sind wir dort rausgefahren, wo es tief ist? Oder bleiben wir mit unseren Tipps an der Oberfläche?

Ich denke ferner an Menschen, die daran leiden, dass meine Kirche nur sehr zögerlich und halbherzig Menschen mit ihrer Sexualität annimmt. LGBTIQ+? Segen nur für die Anständigen? Wer nicht reinpasst, wird bestenfalls toleriert? Eine gute Antwort für das 21. Jhd.?

Ich denke auch an die vielen Menschen in unserer Stadt, die einfach einsam sind. Und das meint nicht, dass sie alleine sind. Eine Leere ist da, weil Gefühl, Liebe und Geborgenheit sich nicht im Leben breit machen dürfen. Ihnen fehlt die Perspektive. Ihnen begegne ich nur selten in der Pastoral und dennoch weiß ich, dass sie eine große Gruppe in unserer Stadt sind. Erreicht sie unsere Seelsorge?

Ein paar Beispiele hab ich euch gegeben, liebe Christ*innen. Sie stehen für so vieles, wie sich unsere Gesellschaft wandelt. Die Welt wartet nicht auf uns. Und gleichzeitig stehen diese Beispiele dafür wie dringend ein gemeinsames Helfen unserer Kirchen gegenseitig, miteinander notwendig ist. Wenn wir dorthin fahren, wo es tief ist, ist der Fang gewaltig. So groß, dass wir zwei Bote, zwei Kirchen brauchen. Alleine schaffen wir es nicht. Ich denke, da möchte uns Jesus sehen.

Was für ein Bild von Kirchen, von Ökumene! „Fürchtet euch doch nicht davor“, sagt Jesus. Denn es kann Angst machen, wenn wir plötzlich uns in diese Welt hinein ziehen lassen. Unsere dogmatische Sprache, unser amtliches Theologendeutsch aufgeben. Unsere Strukturen zweitrangig werden. Wenn wir als Kirchen nicht mehr miteinander ausdiskutieren, wie man jetzt wie welche Bibelstelle genau zu verstehen hat, sondern, wenn wir gemeinsam mit diesen Fragen zu den Fragen der Menschen gehen.

Wir machen was neues, absurdes, wie die Jünger im Evangelium. Denn jeder Fischer weiß, wenn man nachts nichts gefangen hat, dann wird es nichts mehr. Vielleicht haben wir, die beiden Kirchen, uns zu sehr auf eben das Vernünftige eingerichtet. Wir streiten über die Dinge, die den Menschen, denen wir in der Tiefe begegnen sollen, herzlich egal sind. Der Wendpunkt im Evangelium und auch die Wendung in all unserem ökumenischen Bemühen wird kommen, wenn wir den Mut aufbringen, Dinge hinter uns zu lassen und „auf dein (gemeinsames) Wort hin“ es noch einmal neu zu probieren. Amen.

 

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