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Eine neue Zeit

Predigt gehalten von Pfarrer Thomas Sinning am 12.01.2020 über Matth. 3,13-17 zum 1. Sonntag nach Epiphanias in der Bergkirche.

Matth. 3,13-17
Zu der Zeit kam Jesus aus Galiläa an den Jordan zu Johannes, daß er sich von ihm taufen ließe. Aber Johannes wehrte ihm und sprach: Ich bedarf wohl, daß ich von dir getauft werde, und du kommst zu mir?
Jesus aber antwortete und sprach zu ihm: Laß es jetzt also sein! also gebührt es uns, alle Gerechtigkeit zu erfüllen. Da ließ er's ihm zu.
Und da Jesus getauft war, stieg er alsbald herauf aus dem Wasser; und siehe, da tat sich der Himmel auf über ihm. Und er sah den Geist Gottes gleich als eine Taube herabfahren und über ihn kommen. Und siehe, eine Stimme vom Himmel herab sprach: Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe.

Liebe Gemeinde!

Eine kurze Geschichte, diese Geschichte von der Taufe Jesu. Eine Geschichte, in der zwei Menschen sich begegnen, Johannes und Jesus. Nicht allein aber das, sondern mit diesen stoßen auch zwei Welten aufeinander: Erde und Himmel. So eröffnet dieser Predigttext eine weite Perspektive.

Nur eines fällt dabei auf: wir kommen darin, so scheint es jedenfalls, nicht vor. Wir sind in dieser Geschichte gleichsam nur Zuschauer; wir scheinen bloß Zuschauer zu sein, wie die vielen anderen Men­schen damals auch, die an den Jordan gekom­men waren zu Johannes.

Ja, es gibt Geschichten, in denen wir keine aktive Rolle spielen. Im Fernsehen oder wenn wir eine Serie schauen, da ist das ja ganz ok. Aber im wirklichen Leben haben wir es nicht so gern, das Gefühl, sozusagen in die zweite Reihe der Zuschauer verbannt zu sein. Wir möchten lieber selber im Mittelpunkt stehen und bestimmen, was geschieht.

Aber schauen wir genau hin, was hier passiert, und wir können sehen, dass es in diesem Fall gut ist, wenn es hier eine Geschichte gibt, die ohne uns geschieht.

Da ist Johannes der Täufer. Ein faszinieren­der Mensch. Einer, der anders ist als die anderen. Er hat der Stadt den Rücken ge­kehrt, um in der Wüste zu leben. Und dort in diesem einsamen Ort, entfernt von dem all­täglichen geschäftigen Betrieb der Menschen, und unabhängig von deren Lebenstil, da sieht er die Welt in einem neuen Licht. Er klagt an.

Johannes ist ein klassischer Protestpre­diger, der die Menschen nicht mit freundli­chen Worten zu umschmeicheln sucht, sondern klar sagt, was er denkt:

,,Ihr Schlangenbrut, glaubt ja nicht, daß ihr dem Zorn Gottes entrinnen werdet..."

Ein streitbarer Mann, und ein konsequenter dazu. Er protestiert nicht nur mit Worten, sondern mit seinem ganzen Lebensstil: Er verzichtet auf die Annehmlichkeiten des Stadtlebens und der menschlichen Zivilisation, ein Aussteiger: er ist mit Fellen gekleidet, er ernährt sich mit reiner Naturkost: Heu­schrecken und wildem Honig. Manche würden ihn heute vielleicht einen besonders glaubwürdigen Diener Gottes nennen. Seine Absage an die Stadt, an die Institutionen, an Wohlstand und Komfort und Annehmlichkeiten, all das, woran die anderen sich gewöhnt haben, diese konsequente Absage überzeugt und beeindruckt.

Darum kommen sie wohl auch in Scharen zu ihm. Menschen aus Jerusalem und aus dem gan­zen Land. Sie kommen und wollen hören, was er zu sagen hat, denn sie merken, dass er etwas zu sagen hat, und dass sein Auftreten ein Zeichen für die gegenwärtige Zeit ist.

Johannes sagt eine neue Zeit an. Er sieht, dass die Men­schen, so wie sie leben, keine Zukunft mehr haben werden. Er sieht, daß er Weg der mündigen und selbstbewussten Menschen in die Irre gehen kann. Er sieht nicht nur unsere mehr oder weniger gut gemeinten Taten, sondern er sieht auch die fatalen Auswirkungen der bösen Taten, zu denen wir Menschen nicht nur fähig sind, sondern die wir auch tun.

Der Täufer hat einen Blick für die Sünde und ihre fatalen Auswirkungen. Und er nennt sie beim Namen. Er sieht, dass niemand mehr bedroht ist als wir selber - und zwar durch uns selber! Er sieht, daß auch das, was im Namen menschlicher Gerech­tigkeit getan wird, oft nur zerstörerisch ist. Und darum sagt er:

„Kehrt um, denn Gottes Reich ist nahe. Wer hat euch denn gesagt, dass ihr dem künf­tigen Zorn entrinnen werdet?"

„Euren Bäumen ist schon die Axt an die Wur­zel gelegt; darum, welcher Baum keine gute Frucht bringt, der wird abgehauen und ins Feuer geworfen werden,“

sagt Johannes, der ein feuriger Redner ist.

„Ich taufe euch mit Wasser zur Buße; aber der nach mir kommt, der wird euch mit Feuer taufen,"

so kündigt er es an.

Für Johannes ist die Menschheit ein hoff­nungsloser Fall. Er sieht sie ihrem selbst­verschuldeten Ende, dem Gericht Gottes ent­gegengehen.

Heute wäre er wahrscheinlich einer, den die Menschen für einen Friedens- und Ökoaktivisten halten. Der die drohenden Katastrophen, zu denen die Menschen mit ihren militärischen und technisch-industriellen Möglichkeiten fähig sind, als Gottes Gericht über die Menschheit kommen sieht.

Auch damals hatte er allen Grund, den Menschen eine unheilvolle Zukunft vor Augen zu stellen. Deshalb protestiert er gegen jeden weiteren Schritt zum Abgrund hin. Deshalb ruft er die Menschen zur Umkehr und tauft sie im Jordan, damit wenigstens sie noch Hoffnung auf Rettung haben. Bevor der kommt, der kommen soll, der von Gott ge­sandte Richter, der diese Welt mit einem vernichtenden apokalyptischen Feuer taufen wird. Für Johannes ist die Taufe zur Umkehr, die Taufe mit dem Jordanwasser, die letzte Hoffnung in einer hoffnungslosen Welt.

Und nun kommt der, den Johannes angekündigt hat: Jesus. Aber er kommt ganz anders, als Johannes es sich hätte träumen lassen. Er reiht sich ein in die lange Schlange derer, die sich von Johannes taufen lassen wollen. Er kommt, und Johannes, der ein Blick für die Menschen hat, erkennt ihn gleich: das ist er, den Gott gesandt hat, auf den wir warten. Aber sogleich ist er irritiert und befremdet:

„Du hier? Mitten unter denen, die ihre Sünden bekennen und sich zur Buße tau­fen lassen? Du stehst doch ganz auf der fal­schen Seite! Du, der Gerechte, unter lauter Sündern, das ist doch verkehrt!"

Ja, liebe Gemeinde, Johannes hat recht. Jesus steht auf der verkehrten Seite. Aber das ist gut so! Denn damit gibt er der neuen Gerechtigkeit Gestalt. Diese neue Ge­rechtigkeit, die Jesus verkörpert, hat eine zutiefst demütige Gestalt.

Jesus, der Gerechte, stellt sich auf die Seite der Sün­der. Er stellt sich in die Reihe derer, die mit Schuld beladen Buße tun. Er er­scheint nicht als eine himmlische Gestalt von oben her mit großer Macht und Herrlich­keit, sondern er lässt sich untertauchen im Jordan. Und so ist er ganz und gar solida­risch mit allen, die an ihrer eigenen Sünde zugrunde zu gehen drohen.

Indem Jesus sich von Johannes taufen läßt, schafft er eine neue Gerechtigkeit. Diese ist anders, als wir sie kennen, und als Johannes sie sich vorstellt. Wir kennen nur eine solche Gerechtigkeit, die für den Un­gerechten, den Schuldigen Strafe vorsieht. Jesus aber tritt selber an die Stelle aller Schuldigen, an die Stelle aller Verzweifel­ten und Hoffnungslosen. Er selber macht sich die Not aller, die an den Jordan kommen, ja auch unser aller Not zu eigen, indem er sich am Jordan mit Wasser taufen läßt.

Wasser löscht Feuer, das wissen wir. Und darum will Jesus mit Wasser getauft werden, damit das von uns verschuldete Feuer des Ge­richtes, von dem Johannes spricht, gelöscht werde. Das ist Gottes Wille für uns. Und darum öffnet sich auch der Himmel, als Jesus im Jordan getauft wird.

„Dieser ist Gottes geliebter Sohn“.

Und weil er sich mit Wasser hat taufen lassen, darum darf für uns alle das Taufwasser ein lebendiges Wasser sein, sind wir doch auf seinen Namen getauft. So werden auch wir zu geliebten Söhnen und Töchtern Gottes.

Die Taufe Jesu, eine Geschichte ohne uns, aber gerade deswegen eine heilvolle Ge­schichte für uns. Jesus ist hier an unsere Stelle getreten. Er ging den Weg der Schul­digen, den Weg, der für uns alle nur ein vernichtendes Ende nehmen könnte. Aber er führt diesen Weg zu einem guten Ende. Weil er den Weg des Gerichtes gegangen ist, den Weg der Erniedrigung und des schmerzlichen Todes für uns, darum muss für uns am Ende der Himmel nicht über uns zusammenbrechen, son­dern er wird sich öffnen.

Damit, liebe Gemeinde, kommen wir alle nun doch in dieser Geschichte vor, als Nachfol­ger Jesu, die wie er getauft sind; getauft aber auf seinen Namen. In seiner Nachfolge dürfen auch wir Gottes geliebte Töchter und Söhne sein. Da haben wir Grund zur Hoffnung; da tut sich der Himmel auf. Und auch wenn schon die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt war, lohnt es sich doch wieder, neue Bäu­me zu pflanzen. Es lohnt sich wieder, diese Welt mit hoffnungsvollen Augen zu sehen und das Notwendige für die Erhaltung des Lebens und des Friedens zu tun.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus, unserem Herrn. Amen.

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