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Wer opfert sich selbst?

Predigt über Römer 12, 1-3 gehalten am 10.1.216 in der Bergkirche gehalten von Thomas Sinning

Ich ermahne euch nun, Brüder, durch die Erbarmungen Gottes, eure Leiber darzustellen als ein lebendiges, heiliges, Gott wohlgefälliges Opfer, was euer vernünftiger Gottesdienst ist. Und seid nicht gleichförmig dieser Welt, sondern werdet verwandelt durch die Erneuerung des Sinnes, daß ihr prüfen mögt, was der Wille Gottes ist: das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben wurde, jedem, der unter euch ist, nicht höher [von sich] zu denken, als zu denken sich gebührt, sondern darauf bedacht zu sein, daß er besonnen sei, wie Gott einem jeden das Maß des Glaubens zugeteilt hat.

Wer opfert sich? Diese Frage wird immer wieder gestellt, wenn es etwas zu tun gibt, was nicht unbedingt eine angenehme Aufgabe ist. Wer opfert drei Stunden und mistet die Schränke und Keller im Gemeindehaus aus, bevor es in ein paar Wochen abgerissen wird? Wer opfert alle zwei Monate eine halbe Stunde oder auch mehr, um bei Wind und Wetter den Gemeindeblick auszutragen? Wer opfert ein Stündchen im Monat, um ältere Menschen in unserer Gemeinde, von denen viele allein leben, zu besuchen? Wer opfert sich und macht die Besorgungen für die Kinderfreizeit, auch wenn die Schlange im Baumarkt lang ist und dabei das Auto ein bisschen schmutzig wird?

In einer Gemeinde ist die Opferbereitschaft vieler aktiven Mitglieder groß – auch in der unsrigen. Und dafür bin ich sehr dankbar. Viele opfern etwas von ihrem Geld in Form von Kollekten und Spenden. Viele opfern ihre Zeit, um in Kreisen und Gruppen, auf Festen und in Sitzungen, bei Veranstaltungen und Gottesdiensten mitzuwirken. Das ist wunderbar. Nur so kann eine Gemeinde leben.

Wir opfern etwas von unserem Geld, etwas von unserer Zeit, etwas von unserer Kraft und von unseren Begabungen und Fähigkeiten. Ja. Aber- wer opfert sich selbst?

Genau das schreibt ja der Apostel Paulus: „Ich ermahne euch nun durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber zu einem Opfer hingebt, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei.“ Hören wir einmal genau hin: Paulus ermahnt durch die Barmherzigkeit Gottes. Das Wort ermahnen – parakalein- kann man auch übersetzen mit auffordern, bitten, ermutigen, ja sogar auch mit trösten. Paulus hebt nicht den moralischen Zeigefinder, sondern er ermutigt die Christen. Das kann er, weil er von der Barmherzigkeit Gottes bewegt und erfüllt ist.

Es geht bei dem Opfer, von dem Paulus hier spricht, also nicht darum, das Opfer Christi am Kreuz zu wiederholen oder zu imitieren. Sondern es geht vielmehr darum, sich mit seiner ganzen Person hinzugeben.

Etwas mit Hingabe tun: Wenn ein Kind hingebungsvoll spielt, dann vergisst es alles, was außen herum passiert und ablenken könnte. Es spielt mit Herzen, Mund und Händen. Wenn ein Mensch so hingebungsvoll leben könnte, dann wäre er glücklich - und andere neben ihm mit. Ich glaube, das führt uns auf die richtige Spur um zu verstehen, was Paulus mit Opfer meint: Hingabe.

Aber genau das fällt uns ja oft schwer. „Mehr ist im Augenblick nicht drin,“ sagen wir oft. Mehr als einen Abend die Woche schaffe ich nicht für die Gemeinde. Mehr Verantwortung kann ich guten Gewissens nicht übernehmen, ich muss mich ja auch um meine Familie kümmern.

Und so lässt uns das alles nicht los, während wir uns auf eine Aufgabe konzentrieren wollen. Viele Menschen zerreißen sich zwischen vielen Aufgaben, Ansprüchen und Verpflichtungen. Nicht selten hat man dann auch noch ein schlechtes Gewissen: Habe ich genug Zeit für meinen Kinder gehabt, wenn ich jetzt schon wieder fortgehe zu einer Kirchenvorstandssitzung? Müsste ich nicht auch öfter meinen pflegebedürftigen Vater besuchen anstatt so viele Verpflichtungen im Besuchsdienst zu übernehmen? Bräuchte ich nicht einmal ein Wochenende in Ruhe für mich, um zu mir selber zu kommen? Welche Belastungen muten wir uns da zu?

Oft ist unser Leben ein Spagat zwischen verschiedenen Ansprüchen, die wir an uns selber stellen, die andere an uns stellen, und solchen, die wir als Gottes Anspruch an uns empfinden.

Genau deshalb sagt Paulus: „Ich ermahne euch durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei.“ Ohne Barmherzigkeit geht es nicht. Das sehen wir im Blick auf Jesus Christus. Ohne Barmherzigkeit geht es nicht; das schließt auch die Barmherzigkeit sich selber gegenüber mit ein.

Und die Hingabe des eigenen Lebens als Opfer meint: Alles gehört Gott. Dein ganzes Leben gehört Gott. Keinem anderen. Auch nicht mir selbst. Nicht nur, was du in der Gemeinde tust. Nicht nur, was du als christliche Tat ansiehst. Nicht nur, wenn du an Gott denkst. Nein, alles, dein ganzes Leben gehört Gott. Ihm und keinem anderen.

Diese Gewissheit hat etwas sehr Befreiendes, liebe Gemeinde! Wenn ich Gott vertrauen kann, dass er es gut mit mir meint, dann kann ich fröhlich und gelassen sein, weil ich weiß: Gott will, dass mein Leben gelingt. Er will mein Leben befreien von allem, was es gefährden und zerstören und zermürben kann. Das ist ja das entscheidende im Evangelium: Gott will, dass mein Leben gelingt.

Mit dieser Gewissheit kann ich in der Tat mein Leben mit allem, was dazu gehört, Gott anvertrauen. Hingeben. Opfern. Nicht aus Zwang, sondern aus freiem Herzen. Denn bei Gott steht es auf der richtigen Seite. Da darf es zur Entfaltung kommen.

Diese Einstellung, sein Leben ganz Gott hinzugeben, macht auf eine wunderbare Weise frei. In dieser Freiheit kann ich mich durchaus anders verhalten, als es in dieser Welt oft üblich ist. Ich bin frei, zu prüfen, was Gottes barmherzigem Willen entspricht. Da wird sich dann herausstellen, dass es nicht Gottes Wille sein kann, dass ich mich kaputtmache, indem ich alles aus mir heraushole, um noch mehr zu tun und immer allen Ansprüchen gerecht zu werden. Da darf ich skeptisch sein gegenüber unmenschlichen Leistungsanforderungen in der Arbeitswelt genauso wie gegenüber Ansprüchen in einer Gemeinde oder in einem Verein oder in anderen Bereichen, in denen ich mich engagieren will.

Aber zugleich werde ich phantasievoll sein, wenn es darum geht, der Liebe Christi zur Geltung zu verhelfen, in meinem eigenen Leben und im Blick auf die Menschen, mit denen ich lebe. Denn Freiheit und Liebe sind zwei Seiten einer Medaille.

Prüfen, was Gottes Wille ist, fordert der Apostel Paulus uns auf. Prüfen, was dem Maßstab der Liebe entspricht. Prüfen aber auch, wo die Grenze der Barmherzigkeit liegt: das ist wichtig, damit ich das, was ich tue, ganz tun kann. Mit ganzer Hingabe und mit vollem Herzen.

Freiem Herzen. Denn bei Gott steht es auf der richtigen Seite. Da darf es zur Entfaltung kommen.

Und dann werde ich feststellen, dass ich zu wirklich Gutem fähig bin. Dass das, was ich tue, im besten Sinne ein vernünftiger Gottesdienst sein kann. Nicht nur hier in der Kirche. Sondern genau da, wo ich mein Leben lebe. In der Familie, im Beruf, in Freundschaft, in meiner Freizeit, in der Gemeinde, im gesellschaftlichen Engagement, wo auch immer.

Es kommt nicht darauf an, vieles zu tun oder allen Ansprüchen gerecht zu werden. Das wäre unmenschlich. Sondern es kommt darauf an, das, was ich tue, mit Hingabe zu tun aus einem Herzen, das von der Liebe Gottes bewegt ist.

„Alles, was ihr tut, das tut von Herzen als dem Herrn und nicht, um Menschen zu gefallen,“ heißt es im Kolosserbrief. Wirklich alles. Auch die alltäglichsten Dinge. Martin Luther sagt einmal, dass Gottes Volk Gott auch in den geringsten Dingen gefalle. Denn alles wird er durch dich wirken. Er wird durch dich die Kuh melken und die niedrigsten Werke tun, und alles, das Größte und das Kleinste, wird ihm angenehm sein.“ (WA 44,6,23)

Wenn Gottes Geist mich erfüllt, dann kann tatsächlich alles ein Gottesdienst sein, ganz gleich wo ich stehe und was ich tue. Mein ganzes Leben ein Gottesdienst – das wäre doch wunderbar!

Es ist doch so: Ich kann nicht wirklich singen in einem Chor, wenn ich ihm nur meine Stimme leihe. Ich muss mit Herzen, Mund und Händen dabei sein. Und dann werde ich selber die größte Freude daran haben. Aber nicht nur ich, sondern auch andere. Und dann brauche ich auch keine Angst haben, falls mal ein Ton daneben geht.

Weil ein Christ weiß, dass er ganz und gar Gott gehört und von seiner Barmherzigkeit lebt, darum weiß er: mich kann kein anderer fallen lassen. Ich bin und bleibe geborgen in Gott. So, und nur so, erlebe ich die Freiheit eines Christenmenschen.

Mein ganzes Leben ein Gottesdienst? Ist das realistisch? Ich glaube schon. Er muss ja nicht perfekt sein. Das kann er auch nicht und wird es auch nie sein. Denn wir sind Menschen. Aber eben: von Gott geliebte Menschen. Das ist das Entscheidende. Und darum braucht es uns nicht schwer zu fallen, unser Leben hinzugeben für Gott. 24 Stunden am Tag. 366 Tage in diesem Jahr.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

 

 

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