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Sommerkirche 2016 - Fenster zum Glauben

Pixabay, CC0 Creative Commons

Frage 60: "Wie bist du gerecht vor Gott?"

Der Prophet Habakuk schreibt: „Der Gerechte wird durch seinen Glauben leben.“
Und Paulus schreibt an die Christengemeinde in Rom: „Wir gehen davon aus, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke (allein) durch den Glauben.“

"Wie bist du gerecht vor Gott?"
Allein durch wahren Glauben an Jesus Christus. Zwar klagt mich mein Gewissen an, dass ich gegen alle Gebote Gottes schwer gesündigt und keines je gehalten habe und noch immer zu allem Bösen geneigt bin. Gott aber schenkt mir ganz ohne mein Verdienst aus lauter Gnade die vollkommene Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi. Er rechnet sie mir an, als hätte ich nie eine Sünde begangen noch gehabt und selbst den ganzen Gehorsam vollbracht, den Christus für mich geleistet hat, wenn ich allein diese Wohltat mit gläubigem Herzen annehme. 

"Wie bist du gerecht vor Gott?" das ist die Kernfrage der reformatorischen Theologie. Gute Werke, satte Spenden, fromme Taten, selbstloser Einsatz für Benachteiligte, Kampf für Gerechtigkeit, außerordentliches Engagement in der Kirchengemeinde – neben der großen Belastung in Beruf und Familie, sich nichts zuschulden kommen lassen…. Das alles zu schaffen – macht mich das gerecht vor Gott? Nein, natürlich nicht. Das haben wir von den Reformatoren ja auch gelernt. Seit Luther, der die entsprechende Bibelstelle im Römerbrief, die hier erwähnt wird, für sich neu entdeckt hatte, ist diese Erkenntnis nicht mehr neu für uns.

Aber das scheint auch heute auch gar nicht mehr die Frage zu sein: "Wie bist du gerecht vor Gott?". Oder, wie Luther formulierte: „Wie kriege ich einen gnädigen Gott?“ Wir haben heute keine Angst mehr vor dem Zorn Gottes. Und doch stellen wir heute ähnliche Fragen, aber wir stellen sie ohne Gott: Sie lauten dann eher so: „Wie bekomme ich mein Leben auf die Reihe? Wie schaffe ich es, dass mein Leben in der rechten Balance ist zwischen Anspruch und Wirklichkeit?“ Wie schaffe ich es im Hier und Jetzt, allen Anforderungen, die andere mich stellen und die ich selber an mich stelle, gerecht zu werden?

Aber auch diese Fragen, so untheologisch sie klingen mögen, sind Fragen, die mehr mit Gott zu tun haben, als wir meinen. Denn hinter solchen Fragen steckt ja letztlich die Frage nach unserem Menschenbild, die Frage nach mir selbst: Nämlich die Frage „Wer bin ich?“

Bin ich wirklich der erfolgreiche Mensch, der es in seinem Beruf geschafft hat? Was bedeutet mir das, was ich selber erreicht habe? Bin ich wirklich die geduldige, verständnisvolle, engagierte Mutter, die nur das Beste für ihre Kinder möglich macht und daneben auch noch im Beruf ihren „Mann“ – oder besser ihre Frau steht? Bin ich wirklich der Vater, auf den meine Kinder wenigstens ein bisschen stolz sein können? Bin ich wirklich der gute Freund, der immer zuverlässig da ist und ein offenes Ohr hat? Bin ich zufrieden mit meinem Leben, wenn ich zurückblicke und eine vorläufige Bilanz ziehe? ….

Wir brauchen Gott gar nicht, um uns unter Druck zu fühlen, wie das zu Luthers Zeiten der Fall war. Wir brauchen uns gar nicht zu fragen, ob Gott zufrieden ist mit uns. Wir machen uns schon selber mehr als genug Druck in vielerlei Hinsicht. Und wir lassen es zu, dass andere uns unter Druck setzen, den Erwartungen zu entsprechen, die sie an uns stellen, in Familie und Freundschaften, im Beruf, auch in der Gemeinde.

Wie gut, dass die Bibel uns hier immer wieder zurechtbringt. Der Prediger Salomo sagt: „Es ist alles ganz eitel. Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht, und siehe, es war alles eitel und Haschen nach Wind. Und: Ein jegliches hat seine Zeit“ (Pred 1,2+14 + 3,1). Das, was mein Leben mit Sinnvollem füllt, auch mein Engagement für die gute Sache, auch mein Kampf um Anerkennung und Liebe hat nur eine begrenzte Zeit.

Auch meine Kraft und meine Kreativität und meine Leistungsfähigkeit hat nur eine bestimmte Zeit. Was wird sein, wenn diese Zeit vorüber ist? Wenn die Prioritäten in meinem Leben sich verschieben? Was, wenn meine Kräfte, mein Elan, meine Gesundheit nachlassen?  Wenn ich alt und schwach werde: bin ich dann nichts mehr wert? Wenn ich vielleicht auf die Unterstützung und Hilfe anderer angewiesen bin? Kann ich dann den eigenen Anforderungen und denen meiner Mitmenschen nicht mehr gerecht werden?

„Wer bin ich?“ Und: „Wie bekomme ich mein Leben auf die Reihe?“ Wir sehen: Kein Mensch kann leben allein von dem, was er leistet - und auch nicht von dem, was er sich leisten kann. Am besten kann man sich das verdeutlichen an kleinen Kindern: Beobachten Sie einmal ein Kind beim Spiel, wie es sich in dem Augenblick der Gegenwart vertieft und ganz und gar da ist und dabei ungestört und glücklich ist. Ein Kind kann nicht leben von dem, was es schafft; was es tut, sein Spiel ist scheinbar völlig zweckfrei. Ein Kind ist angewiesen auf andere. Es lebt einfach davon, dass es weiß, ich bin geliebt, ohne Wenn und Aber – bedingungslos. 

Das einzige, was ein Kind zerstören kann, ist Liebesentzug. Wenn es sich aber geliebt und angenommen weiß, dann ist seine Seele im Lot. Dann ist es glücklich.

Vielleicht weisen uns gerade die Kinder hin auf das Wesentliche unseres Menschseins, weil sie einfach dem Schöpfungsakt Gottes noch näher sind. Auf die Frage: Wer bin ich? Wird schon am Anfang der Bibel die entscheidende Antwort gegeben: Du bist Gottes Ebenbild. So hat dich Gott geschaffen. Genauso, wie du bist, mit deinen Stärken und mit deinen Schwächen. Das bist du und bleibst du ein Leben lang. Unabhängig davon, was alles gelingt oder misslingt in deinem Leben. Unabhängig von deinem Alter, deinem Engagement, deiner familiären Situation, deiner sozialen Vernetzung, von deinem Beruf. Du bist Gottes Ebenbild. Das steht vor allem anderen.

Es ist kein Zufall, dass Jesus die Kinder immer wieder geradezu als Vorbilder im Glauben hinstellt, eben weil sie klein und unbedarft sind und angewiesen darauf, dass sie geliebt werden.

„Wahrlich ich sage euch: wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ (Lukas 18,17).

Die Kinder lassen es uns besonders deutlich werden: Ich bin Gottes Ebenbild, so wie ich geschaffen bin. Als Gottes Ebenbild zeichnet mich nichts anderes aus, als dass ich geliebt bin. Geliebt von Gott. Sein Gegenüber, sein geliebtes Kind bin ich.

Nun gehört zum Evangelium aber auch noch das andere: Zwar klagt mich mein Gewissen an, dass ich gegen alle Gebote Gottes schwer gesündigt und keines je gehalten habe und noch immer zu allem Bösen geneigt bin. Gott aber schenkt mir ganz ohne mein Verdienst aus lauter Gnade die vollkommene Genugtuung, Gerechtigkeit und Heiligkeit Christi. Er rechnet sie mir an, als hätte ich nie eine Sünde begangen noch gehabt und selbst den ganzen Gehorsam vollbracht, den Christus für mich geleistet hat, wenn ich allein diese Wohltat mit gläubigem Herzen annehme. 

Das mit dem Gewissen kennt wohl fast jeder Mensch. Wir wissen, dass wir nicht perfekt sind. Dass wir Fehler machen und schuldig werden. Ganz gleich, ob wir diese Schuldgefühle nur gegenüber unserem eigenen Gewissen, gegenüber anderen Menschen, oder gegenüber Gott haben. Keiner von uns ist perfekt.

Die Bibel drückt das mit dem altmodischen Wort „Sünder“ aus. Dass die „Sünde“ eine schreckliche und zerstörerische Kraft hat, das lehren uns die täglichen Nachrichten genauso wie die eigene Erfahrung. Deshalb müssen wir uns dieser Wirklichkeit stellen. Auch der Tatsache, dass die Sünde ein Teil meiner eigenen Lebenswirklichkeit ist. Ein Glaube, der die Macht der Sünde und des Bösen kleinreden würde, wäre nicht glaubwürdig.

Das Wort „Sünde“ mag altmodisch sein, die Wirklichkeit, die es beschreibt, und die Gefühle von Schuld und Versagen sind es nicht. Sie kennt jeder. Und sie sind ein wesentlicher Teil unseres sittlichen Orientierungsvermögens.

Aber Gott lässt uns mit unserer Schuld und unserem belasteten Gewissen nicht allein. Er solidarisiert sich in Jesus mit allen, die mühselig und beladen sind, mit allen, die ein belastetes Gewissen haben.

Indem Jesus wie ein schlimmster unter den Verbrechern hingerichtet wird am Kreuz, obwohl er in einzigartiger Weise unbelastet war von der Sünde, zeigt Gott den Menschen seine Gnade. Gott sagt in Jesus: „Auch wenn dein Leben einen tiefen Riss hat und alles andere als perfekt ist, bist du mein geliebtes Kind. Du bist ein Mensch, den ich liebe, und von dem ich will, dass sein Leben gelingt. Du brauchst das nur im Glauben anzunehmen, also darauf vertrauen, dass dir meine Liebe gilt, ohne Wenn und Aber.“

Wir brauchen keine Perfektionisten sein. Religiöse Perfektionisten werden entweder seelisch krank und religiöse Neurotiker, oder sie werden zu unbarmherzigen Fundamentalisten, die die Liebe Gottes pervertieren. Das sollen wir bestimmt nicht.

Wir brauchen und wir sollen vor Gott und vor uns selber keine Perfektionisten sein.  Es reicht, dass Gott einer ist.  Er tut alles, wirklich alles für uns. Das sehen wir an Jesu Kreuz, und das feiern wir an Ostern. Er sieht uns quasi als perfekte und sündlose Menschen an, wenn wir Jesus Christus unser Vertrauen schenken, wenn ich allein seine Wohltat mit gläubigem Herzen annehme, wie es hier im HK heißt.

Wenn ich das weiß, dann werde ich auch mit der Frage: „Wie bekomme ich mein Leben auf die Reihe?“ viel gelassener umgehen können. Und lernen, barmherzig zu sein. Auch mit mir selber.

Und der Friede Gottes der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn. Amen.

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