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Predigt vom 24.01.2016 gehalten in der Bergkirche von Pfarrerin Silke Alves-Christe

Liebe Gemeinde!

Unser Glaube, die Kirche, der Gottesdienstbesuch, unser Beten, all dies soll uns doch helfen, Ruhe und Frieden und Gelassenheit in unser Leben zu bringen.

Aber ganz andere, ungewohnte Töne schlägt Paulus in diesem Briefabschnitt an. Zu einem Wettkampf will er uns animieren.

In der sportlichen Kampfbahn soll jeder von uns so laufen, daß er oder sie den Siegeskranz gewinnt. Als Sportkampf haben wir unseren Glauben bisher wohl eher nicht verstanden. Wie paßt denn solch ein sportlicher Wettkampf zu der Gnade Gottes, aus der heraus wir leben, zu der Gnade Gottes, die jedem, auch dem letzten, auch dem langsamsten, schenkt, was er braucht? Seit wann steht Gott auf der Seite der Sieger? Wendet Gott sich nicht viel mehr den Verlierern zu, gerade denen, die nicht mithalten können?

Sport war in der antiken Gesellschaft mindestens so populär wie in unserer Gesellschaft heute. Neben den olympischen Spielen, die alle vier Jahre stattfanden, gab es ähnliche Großveranstaltungen alle zwei Jahre vor den Toren Korinths, auf der Landenge, dem Isthmus von Korinth: die Isthmischen Spiele. Es ist denkbar, daß Paulus bei einem Aufenthalt in Korinth solche Spiele einmal miterlebt hat, vielleicht auch eine Siegerehrung mit einem Siegeskranz. Aber die Verbindung, die er – dieses Bild vor Augen – zum Glauben, zur christlichen Gemeinde herstellt, ist trotzdem sehr ungewohnt, vor allem die Aufforderung:

Lauft so, dass ihr den Siegespreis erlangt.

Worauf zielt Paulus? Es kann ja nicht seine Meinung sein, dass nur einer als erster von Gott den Kampfpreis erhält, im übertragenen Sinn also das ewige Leben, das doch für alle das Ziel ist. Paulus möchte auch sicher nicht zu mehr Konkurrenzverhalten in der Gemeinde aufrufen. Worum es ihm geht, macht der nächste Satz deutlich: Jeder aber, der kämpft, enthält sich aller Dinge.

Das heißt: Jeder, der an einem Wettkampf teilnimmt, lebt in jeder Hinsicht enthaltsam.

Es geht demnach um den freiwilligen Verzicht auf alles, was das Erreichen eines bestimmten Zieles verhindert. Also nicht Askese um der Askese willen.

Aber Sportler, die auf einen bestimmten Wettkampf hin trainieren, die tun ja viel mehr, als nur, wenn es soweit ist, zu diesem Wettkampf anzutreten. Die Freizeitplanung ist ganz auf dieses Ziel ausgerichtet. Die Ernährung ist ganz auf dieses Ziel ausgerichtet. Und leidenschaftliche Sportler empfinden es überhaupt nicht als Verzicht, daß etwa am Abend vor dem Wettkampf keine große Party mehr angesagt ist oder daß in der Ernährung bestimmte Regeln die Leistungsfähigkeit und damit die Siegeschancen steigern. Sie trauern vermutlich nicht dem nach, was sie nun lieber nicht essen und trinken sollten, sondern haben Freude daran, auch die Entscheidung über Essen und Trinken auf ihr großes Ziel, den Siegespreis, auszurichten.

Der freiwillige Verzicht auf alles, was das Erreichen eines ins Auge gefaßten Zieles verhindert, ist der Vergleichspunkt, den Paulus herausstellt.

Der Verzicht darauf, bestimmte Lebensmöglichkeiten auszuleben, ist wichtig um des Zieles willen und ist darum ein lohnender Verzicht, der angesichts des Zieles nicht schwerfällt.

Zumal es ja – diesen Unterschied stellt Paulus nun heraus, bei den Christen um einen unvergänglichen Kranz geht, um das ewige Leben, während die Wettkämpfer der olympischen oder der isthmischen Spiele um einen Siegerkranz aus grünen, also aus verwelklichen Blättern kämpfen.

Vielleicht noch ein Satz gegen das Mißverständnis, das in diesem ungewöhnlichen, ungewohnten Vergleich liegt: Christen müssen sich das ewige Leben nicht durch einen ersten Platz im Spiel des Lebens erkämpfen. Aber ihr Leben gleicht dem Lauf auf ein Ziel zu, das noch nicht erreicht ist.

Auch wenn das Thema Sport für die meisten von uns keine so große Rolle (mehr) spielt, kann Paulus uns mit diesem Briefabschnitt doch an manches erinnern, was wir vielleicht aus dem Auge verloren haben.

Paulus propagiert nicht den Satz: „Dabei sein ist alles“, den man manchmal aus dem Mund von Sportlern hört, die die Erwartungshaltung an sie ein bißchen dämpfen wollen.

Nichts scheint Paulus ferner zu liegen als diese Aussage: „Dabei sein ist alles“.

Verstehen wir unser Christsein allein so: ich bin dabei? Ich bin getauft, konfirmiert, vielleicht kirchlich getraut und ich gehöre ja auch nicht zu denen, die nur an Weihnachten einmal auftauchen. Ich bin dabei.

Mit dem Bild von der Kampfbahn und dem Siegespreis will Paulus uns daran erinnern:

Das Leben hat ein Ziel. Es plätschert nicht nur vor sich hin. Es ist nicht fertig, nicht abgeschlossen. Nein, einfach nur dabei sein ist nicht alles. Man muß das Ziel ins Auge fassen und im Auge behalten, wenn man gewinnen will. Wir beten: Dein Reich komme, weil diese Welt und unser Leben noch unendlich weit entfernt ist von dem, wie Gott gelingendes Leben versteht. Wir sollen nicht vergessen, daß wir auf Gottes Reich, auf das ewige Leben in Gottes neuer Welt zugehen.

Das Leben hat ein Ziel. Die Augen auf dieses Ziel zu richten, hilft, von sich selbst wegzusehen, nicht ständig auf sich selbst zu schauen, um sich selbst zu kreisen. Das soll sehr gesund sein, den Blick von sich weg auf andere/auf anderes zu richten und sich im eigenen Verhalten nicht nur von sich selbst und den eigenen Wünschen und Bedürfnissen bestimmen zu lassen, sondern von einem Ziel her geleitet zu werden.

In der Ruhe und Behaglichkeit, die wir vom christlichen Glauben erwarten, sind die Ausführungen des Paulus über den Lauf um den Siegespreis für mich wie ein Weckruf aus dem Schlaf der Sicherheit, der Behäbigkeit, des Vertrauten und  Gewohnten. Solch ein Weckruf ist wichtig angesichts der Herausforderungen, vor denen unsere Gesellschaft aktuell steht.

Daß wir es uns gemütlich eingerichtet haben und nichts und niemand unsere Ruhe stören darf, ist noch nie der Inhalt oder die Zusage des christlichen Glaubens gewesen.

Ich wünsche mir, dass die Begegnung mit anderen Religionen, mit anderen Traditionen und anderer Kultur uns neu entdecken läßt, auf welches Ziel wir eigentlich zugehen.

Ich wünsche mir keinen Wettkampf zwischen den Religionen, aber im Dialog zwischen den Religionen einen neuen, wachen Blick auf unseren eigenen Glauben und die Fähigkeit, Antwort zu geben, wenn wir über unseren Glauben befragt werden.

Paulus formuliert: Ich aber laufe nicht wie aufs Ungewisse.

Nein, wir laufen nicht ins Ungewisse, sondern wir laufen auf ein Ziel zu. Und wenn wir über das Ziel auch nicht alles genau wissen, dann wissen wir doch dies, daß Gott uns erwartet.

Vielleicht kann Paulus uns helfen, uns stärker bewußt zu machen, daß unser Leben ein Lauf ist auf ein Ziel hin. Vielleicht kann Paulus uns anregen und uns ermutigen, unser Leben stärker und konsequenter von diesem Ziel her gestalten, dem ewigen Leben in Gottes Reich der Liebe und des Friedens. Amen.

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