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Sommerkirche 2016 - Abendmahlsfenster

Predigt am 21.08.2016 in der der Dreikönigskirche von Pfarrerin Silke Alves-Christe


Liebe Gemeinde!

Wie gut, dass wir immer, wenn wir die Einsetzungsworte des Abendmahls hören und wenn wir die Altarstufen hochgehen zur Abendmahlsfeier, ein Abendmahlsbild vor Augen haben! 

Als erstes sticht mir der große goldene Kelch - gefüllt offenbar mit Weißwein - in die Augen. Erst später entdecke ich weiter unten auf dem Tisch einen länglichen Laib Brot. Außer Wein und Brot kann ich auf dem Tisch nichts so recht erkennen. Es sieht so aus, als seinen noch kleine Gegenstände auf dem Tisch verteilt, aber ich kann sie nicht identifizieren, sie treten jedenfalls ganz zurück hinter Kelch und Brot.

Im unteren Fenster sind die Weintrauben und eine Garbe mit Getreideähren zu sehen, die Früchte der Erde, aus denen menschliche Arbeit Wein und Brot gemacht hat, wie es in einem Abendmahlsgebet heißt:

"Du schenkst uns das Brot, die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit."

Ob die blaue Farbe des Tisches eine Ähnlichkeit mit dem Tauffensters mit seinem blauen Wasser andeuten soll, also die Verwandtschaft der beiden Sakramente Taufe und Abendmahl? Auch die Größe der Wasserfläche dort und der Tischfläche hier ähneln sich ein wenig.

Ich rede so viel von Tisch. Dabei hätte ich diese hellblaue Fläche gar nicht als Tisch erkannt, wenn nicht der Kelch darauf stünde und der Laib Brot darauf läge. Tischbeine fehlen, auch Stühle. Ist es nur ein ausgebreitetes Tuch? Das bräunliche, holzfarbene Kreuz scheint aber den am Kopf des Tisches sitzenden Jesus darzustellen. Daß seine 12 Jünger mit ihm am Tisch sitzen, kann man ganz so nicht sagen: Vielmehr wachsen sie – verbunden mit Jesus und untereinander – um den Tisch herum und führen uns zu einem der 8 Ich-bin-Worte des Johannesevangeliums:

"Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben."

Wir lesen in Johannes 15:

4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt.

5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.

Bleibt in mir und ich in euch! Um diese enge Verbindung geht es. Sie soll das ganze Leben von uns Christen durchziehen und bestimmen und sie wird besonders sinnenfällig erneuert, bestärkt und vertieft in der Feier des Abendmahls.

Ich habe den Eindruck, dass für viele beim Empfang des Abendmahls dieser persönliche Aspekt: nämlich meine eigene Beziehung zu Gott - sehr stark im Vordergrund steht.

So als ginge es im Abendmahl im Wesentlichen um meine persönliche Begegnung mit Christus, um die Stärkung meiner Christusgemeinschaft und meines Glaubens, um einen individuellen Zuspruch in meinen ganz persönlichen Nöten und Ängsten.

Das Abendmahlsfenster des Künstlers Charles Crodel macht im Grunde ebenso wie die biblischen Texte zum Abendmahl deutlich, dass eine solche Privatisierung des Abendmahls ein Mißverständnis ist, als ob es sich beim Empfang des Abendmahls nur um ein Geschehen zwischen Gott und der einzelnen Seele, zwischen Christus und dem Ich handele.

Charles Crodel, der in der Katharinenkirche wie auch in der Bockenheimer Jakobskirche unzählige Menschen abgebildet hat, verzichtet in den Altarfenstern unserer Dreikönigskirche fast ganz auf figürliche Darstellungen. Ausnahmen sind nur Mose ganz links im Fenster der 10 Gebote und drei Betende ganz rechts im Vater-Unser-Fenster.

Beim Abendmahl kennen wir in der Kunstgeschichte sehr viele Darstellungen Jesu mit seinen 12 Jüngern, oft kann man den mit einem Geldbeutel sich entfernenden Judas genau identifizieren, oft den jüngsten Jünger Johannes, der sich schlafend an Jesus anlehnt, oft auch Petrus. Aber Charles Crodel entschied sich für eine rein symbolische Darstellung, in der Jesus als der Gastgeber durch das Kreuz am Kopf des Tisches und seine Jünger durch Weinblätter symbolisiert werden. Ich zähle 12 Weinblätter. Wenn auch links oben das zweite Weinblatt durch das vertikale Sandsteinband des Maßwerkfensters fast verdeckt ist, ist es doch zu erkennen und mitzuzählen. Judas ist also dabei. Er wird nicht ausgeschlossen, sondern schließt sich später selbst aus durch seinen Verrat.

Enger verbunden als es bei figürlich dargestellten Jüngern mit Jesus möglich wäre, sind diese zwölf Weinblätter mit dem Kreuz durch ein festes grünes Band verbunden, besser gesagt zusammengewachsen.

Liebe Gemeinde, natürlich geht es im Gottesdienst, im Abendmahl um ein persönliches Geschehen zwischen mir und Christus, um meine persönliche Glaubens- und Gewissheits-erfahrung. Mir wird gesagt: Christi Leib für dich gegeben, Christi Blut für dich vergossen! Aber das ist nur die eine Seite. Die Verse aus dem Johannesevangelium vom Weinstock und seinen Reben, die Crodel in seinem Abendmahlsbild mit der Abendmahlsfeier verbindet, zeigen deutlich, dass das Abendmahl ganz wesentlich auch ein Gemeinschaftsgeschehen, dass das Abendmahl ein soziales Sakrament ist, bei dem die anderen, die Mitfeiernden unverzichtbar dazu gehören. Es geht nicht nur um ein Geschehen zwischen mir und Christus, sondern darüber hinaus zwischen allen, die am Abendmahl teilnehmen.

Ja, im Abendmahl entsteht nicht nur eine innige Gemeinschaft zwischen Christus und jedem einzelnen, sondern auch zwischen uns allen untereinander, so eng wie die von Reben an einem Weinstock.

Blicken wir deshalb vor dem eigenen Empfang der Gaben von Brot und Wein ruhig einmal in die Abendmahlsrunde und vergegenwärtigen uns: Wie ich mit Jesus Christus verbunden werde wie die Rebe mit dem Weinstock, so bin ich auch mit den Nachbarn rechts und links und mit allen anderen rund um den Altar verbunden!

Ich denke, das wäre die rechte Haltung, das Abendmahl zu empfangen. Sie macht mir klar, dass das Abendmahl aller Privatisierung des Christusbezuges entgegentritt, sondern dass ich die Annahme durch Gott nur so empfange, dass ich zugleich in eine Gemeinschaft hineingestellt und zur Gemeinschaft verpflichtet werde.

Damit ist schon angedeutet, dass das Abendmahl nach der Entsprechung in unserem Leben, in unserem Verhalten ruft. Dass wir im Abendmahl so verbunden werden, das ist zum einen ein Geschenk, ein Tun Gottes an uns. Aber es soll auch unser zwischenmenschliches Verhältnis prägen, es soll unseren Umgang in der Gemeinde bestimmen. Wenn wir alle von dem einen Brot essen und aus dem einen Kelch trinken, dann bekunden wir damit den Willen, dass wir einander annehmen, dass wir bereit sind zur Versöhnung; dann bekunden wir damit die Bereitschaft, dass wir aufeinander Rücksicht nehmen und uns vom Willen zur Gerechtigkeit leiten lassen wollen. Im Abendmahl bekennen wir uns dazu, dass wir vor Gott alle gleich sind und dass es deshalb in der Gemeinde keine Rangunterschiede geben darf. Denn jeder empfängt ja das gleiche: ein Stück Brot und einen Schluck Wein oder Saft.

Eine christliche Gemeinde, die sich vom Abendmahl her aufbaut, ist im Grunde eine Gemeinschaft der Solidarität und Hilfsbereitschaft, eine Bewegung des Gebens und Nehmens, des füreinander Eintretens.

Dass Kirche entgegen dem landläufigen Verständnis wesentlich Gemeinschaft ist und nicht Institution, nicht Anstalt individueller Heilsvermittlung: das kann uns Charles Crodel mit seinem Abendmahlsfenster in Erinnerung rufen. Wir, die wir Brot und Wein teilen, sind mit Jesus Christus wie auch untereinander so verbunden wie die Reben an einem Weinstock. Amen.

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