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Pfingsten – eine Frage der richtigen Reihenfolge!

Predigt gehalten von Pfarrer Andreas Klein am Pfingstonntag, den 20.05.2018 in der Dreikönigskirche.

Liebe Gemeinde,

im April dieses Jahres hatte ich Studienurlaub! Da werden Sie sagen: „Wie schön – für dich.“ Ja, das finde ich auch. Alle 10 Jahre gibt es die Gelegenheit, rauszugehen, zu lesen, Erfahrungen zu sammeln und davon zu berichten. Mein Thema ist – gut, solche Themen müssen immer so klingen: "Das Verhältnis von Leitung und Selbstorganisation der Kirche und der Lehre vom Heiligen Geist.“

Wie baut sich eigentlich die Kirche auf, wie reproduziert sie sich immer wieder selbst, wie leitet sie sich, wie kommt sie zu Entscheidungen und was hat das denn mit der Lehre vom Heiligen Geist zu tun?

Denn das weiß die Kirche ja; sie ist ohne den Heiligen Geist nicht zu denken. Deshalb feiern wir heute Pfingsten. Ohne den Geist Gottes, der die mutlosen Jünger aufweckt und ermutigt, anderen Menschen von Jesus zu erzählen, würde die Jesus-Bewegung zu Ende gegangen sein; wir wüssten gar nichts davon.

Und das spiegelt sich wieder in der Reihenfolge des Glaubensbekenntnisses: Da heißt es – und wir haben es eben gesprochen:

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung ...

Zuerst der Geist Gottes, und dann die Kirche.

Michael Welker, systematischer Theologe, nennt den Heiligen Geist ein Kraftfeld. Das gibt es ja in der Physik, wenn elektromagnetische Kräfte wirken und die die Strukturen sich neu ordnen. Und im biblischen Bericht drängt alles nach außen. Aufgeweckt von dieser Kraft, fangen die Jünger an zu reden; und werden verstanden! Aber nicht nur das. Sie bilden Gemeinden, Gemeinschaften, die mit Hingabe und Liebe auch die Armen versorgen von Anfang an.

Und Michael Welker sagt; der Geist als Kraftfeld, bildet weitere öffentliche Kraftfelder. Und was da wirksam wird sind Charismen: Menschen entdecken ihre Liebe, ihre Fähigkeit mit andere zu reden, zu helfen, zu heilen. Und sie erfahren darin Resonanz. Es tönt zurück!

Nicht immer freundlich; sondern es gibt auch Menschen, die das merkwürdig und komisch finden. Und der Geist selbst führt immer wieder zu dem zurück, von dem er kommt. Jesus Christus der gekreuzigt und auferstanden ist. Es ist nicht ein allgemeiner Weltgeist, der Heilige Geist wird auch der Geist Christi genannt.

Ein wirksames Kraftfeld, da wo Gottes Geist wirkt. Und da wachsen Früchte! Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit.

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung ...

Auf diese Reihenfolge kommt also es an. Aber mein Eindruck ist, dass uns das an einem Tag im Jahr, nämlich an Pfingsten sehr klar und verständlich ist, aber an vielen anderen Tagen im Jahr scheint es anders herum zu gehen. Und da kommt es uns so vor:

Ich glaube die heilige christliche Kirche,
an den Heiligen Geist,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung ...

An vielen Stellen im kirchlichen Leben scheint es so sein, dass Gottes Geist durch die Kirche gespendet und weitergegeben wird:

Bei der Einsegnung der Konfirmanden wird oft dieses Wort gesprochen:

Nimm hin den Heiligen Geist, Schutz und Schirm vor allem Bösen, Stärke und Hilfe zu allem Guten von der gnädigen Hand Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Und bei Ordinationen, wenn ein Mensch in den Dienst des Pfarramts berufen wird, dann legen wir die Hände auf und bitten um Gottes Geist für diesen Menschen und sprechen ihm diesen Geist für diesen Dienst zu. Verbunden mit der Bitte um Gottes Geist sind deutliche Anweisungen, die Ordnungen und Bekenntnisse der Kirche zu halten. Und der Eindruck – ich sage der Eindruck – drängt sich auf, dass die Weitergabe von Gottes Geist von der Kirche geordnet und verwaltet wird. Ich glaube an die heilige christliche Kirche, und an den heiligen Geist.

Das ist doch merkwürdig. Die Kirche lebt aus Gottes Geist, der sie lebendig macht und zum Dienst ermutigt. Und gleichzeitig gibt die Kirche den Geist weiter und bindet diese Weitergabe an ihre eigenen Ordnungen?

Woher kommt diese Merkwürdigkeit?

Immer wieder hat die Kirche die Erfahrung gemacht, wenn Menschen laut auftreten und davon reden, dass sie besonders von Gottes Geist erfasst sind, der alle Ordnungen übersteigt, dann wurde es richtig unordentlich. Das hat zum Chaos und Terror im berühmt-berüchtigten „Königreich von Münster“ geführt und beim Thomas Müntzer, dem Bauernführer in die Schrecken des Bauernkrieges. Das Schwärmertum war der evangelischen Kirche immer sehr fremd und suspekt.

Was an dieser Fremdheit richtig ist: Da wo die Frucht des Geistes der Liebe nicht erkennbar wird, und wo ein Geist auftritt, der mit dem Geist des Nazareners nichts mehr zu tun hat, der einmal gesagt hat:

Selig sind die geistlich arm sind...,

da bricht etwas auseinander. Mit dem Geist zu tun haben, heißt immer aufgefordert zu sein, die Geister zu unterscheiden! Es gilt also immer zu prüfen, von was ist die Rede: Welcher Geist ist hier im Spiel? Feingeist, Weltgeist, Teamgeist. In Asbach-Uralt ist der Geist des Weines. Im Blick auf den Geist kann vieles behauptet werden. Und wenn Menschen antreten mit dem Anspruch: "Ich habe mehr Geistbesitz als du", dann wird in der Regel mehr eingerissen als aufgebaut!

Und bei der Unterscheidung der Geister wird es nun auch darum gehen, zu fragen, ob Gottes lebendiger Geist wirksam ist oder nur der Geist einer bestimmten Systemlogik! Alle Genitiv-Verbindungen des Wortes Geistes geben Hinweise darauf, ob mit dem Geist eine freie, uns gegenüber frei agierende Person und Kraft gemeint ist, oder eine Denkweise, die uns nur zu eigen ist, wie der „Geist der Rationalität, der Geist einer Organisation“. Jede Organisation prägt solche Denkweisen aus und lebt davon, dass diese Logiken gelten und nicht hinterfragt werden. Aber der lebendige Geist Gottes hinterfragt. Seine Kraft wirkt wie der Wind, der durchweht, wenn Tür und Fenster offen sind und die Ordnung der Blätter auf dem Tisch gerät durcheinander.Die richtige Reihenfolge des Glaubensbekenntnisses so:

Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche

Die spannende Frage ist nun aber, wie können wir dieser Reihenfolge im Leben unserer Kirche, aber auch im ganz persönlichen Leben Raum geben?

Der Unternehmensberater Matthias zur Bonsen aus Oberursel hat in einem Aufsatz über gute Entscheidungskulturen in Firmen und Organisationen über die Tradition der Quäker berichtet. Die Quäker, das ist eine kleine Freikirche aus Nordamerika, die viele in Deutschland kennen, weil die Quäker vielen in den Hungerjahren der Nachkriegszeit geholfen haben. Besonders bei den Quäkern ist: In den Gottesdiensten wird nicht gepredigt, sondern ganz viel miteinander geschwiegen. Es wenn geredet wird, soll mit Worten nicht gekämpft, gedrückt und gezogen werden. Und Entscheidungen fallen nicht mit Kampfabstimmungen, nicht einmal mit einem mühsam hergestellten Konsens, sondern mit mitunter langem Warten. So lange zu warten, bis alle bei einer Lösung sind, die einem gemeinsamen Geist entspricht.

Wir handeln oft anders! Unsere Organisation Kirche ist so aufgebaut, dass für Entscheidungen Mehrheiten in den Gremien nötig sind. Das ist das geordnete demokratische Verfahren. Was dabei oft zu kurz kommt (und in der Form von Start-Ups andere Bereiche der Gesellschaft verändert), sind Initiativen, die noch nicht mehrheitsfähig sind, aber mutig und klug und wegweisend. Nicht alle dieser Start-Ups und Initiativen gelingen, viele sind aber wirklich inspiriert. Geistvolle Initiativen der Kirchengeschichte waren zu Beginn immer Minderheiten, waren im Konflikt mit der Mehrheitskirche. Die Urkirche selbst, die monastische Bewegung der Franziskaner, die Reformation, die Erneuerung des Pietismus, der Kampf von Frauen in der Kirche um die Rechte der Ordination und Leitung.

Das demokratische Prinzip preiszugeben, ist nicht die Frage, aber dass dieses Prinzip seine Begrenztheit gegenüber dem Geist versteht und sich selbst dafür einsetzt, den Minderheiten und Initiativen Raum zu geben, das ist die Herausforderung des Aufbruchs.

Die Lehre vom Heiligen Geist, von dem Kraftfeld des Geistes, in dem alle die an Christus glauben, Geistbegabte sind mit ihren Geistesgaben und Ideen zur Liebe dienen, das lehrt uns viel weniger zu pressen und zu drücken und zu machen und zu entscheiden und viel mehr zu warten und hinzuhören, und geduldig zu sein – um dann auch mutig zu gehen.

Wir leben von Gottes Geist.

Amen.

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