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Was ist dein Lied im Advent?

Predigt zu Lukas 1, 67-79 - gehalten von Pfarrer Andreas Klein zum 1. Advent am 02.12.2018 in der Dreikönigskirche.

Liebe Gemeinde,

was ist Ihr Lieblingslied im Advent? Vielleicht ist es eines aus dem Gesangbuch, oder nur eine Strophe, vielleicht nur eine Zeile, die Ihnen immer wieder durch den Sinn geht.

Es gibt ja so viele verschiedene Lieder. Lieder, die

  • Gott einladen
  • das Herz zur Ruhe kommen lassen
  • die Ungeduld herausschreien
  • die Enge des Herzens aufmachen
  • Lieder, die die Freude vorwärmen

Oder wie wäre es, Sie setzen sich hin und schreiben selbst ein Adventslied:

Keine Angst, es muss sich nicht reimen,
auch wenn ich schon verrate.
Auf König reimt sich wenig,
auf Herzen Kerzen und Schmerzen.

Darauf kommt es nicht an. Es muss sich nicht reimen, es muss viel mehr stimmen, zu Ihnen passen – ein guter Wegbegleiter sein für Sie in den nächsten Tagen. Vielleicht ist es ganz schlicht?

Gott ich lade dich ein.
Komm und wohne bei mir.

Vielleicht gibt es Töne, mit denen Sie das summen und singen können. Vielleicht gibt es dieses Adventslied für Sie!

Der Predigttext für heute ist ein Lied. Eines der Lieder, das es in den Rang der neutestamentlichen Psalmen geschafft hat. Die Mönchsbewegung hat in die Stundengebete diese drei Lieder aufgenommen.

In der Laudes, dem Gebet der Nonnen und Mönche am Morgen wird in vielen Klöstern auf der Welt dieses Lied gesungen: Das „Benedictus“, der Lobgesang des Zacharias, um den es heute geht.

Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk.

Am Abend bei der Vesper wird das „Magnificat“ der Maria wiederholt:

Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freuet sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen.

Und in der Komplet endet der Tag mit dem „Nunc dimittis“, dem Gesang des Simeon:

Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, wie du gesagt hast; denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen.

Allesamt Lieder, die Lukas überliefert hat und die einen besonderen und einzigartigen Rahmen um die Weihnachtsgeschichte herum bilden. Und es ist – bitte verzeihen Sie den Vergleich – wie in den Operetten oder Musicals. Immer wenn es um besondere Momente geht, wenn besondere Emotionen zum Ausdruck kommen, und das ganz wichtige gesagt werden muss, dann wird es besser gesungen.

Das was ich kaum sagen kann, das kann ich singen. Es ist übrigens verrückt, dass Menschen, die stottern, beim Singen nicht stottern. Da fließen die Worte.

Bei Zacharias waren die Worte ganz zum Schweigen gekommen. Seine Geschichte hatte damit begonnen, dass ihm ein Engel während seines Tempeldienstes erschienen war. Zacharias war ein Priester und seine Frau hieß Elisabet. Und von den beiden hieß es:

Sie waren aber alle beide gerecht und fromm vor Gott und lebten in allen Geboten und Satzungen des Herrn untadelig. Und sie hatten kein Kind; denn Elisabeth war unfruchtbar, und beide waren hochbetagt. 

Mit dieser Aussichtslosigkeit hatten sich Zacharias und Elisabet abgefunden. Ehrliche und treue Leute, aber persönlich ohne große Hoffnung. Und diesem Zacharias begegnet unvermittelt im Tempeldienst ein Engel. Ein Bote, der schier Unglaubliches zu sagen hat:

„Fürchte dich nicht, Zacharias, denn dein Gebet ist erhört, und deine Frau Elisabeth wird dir einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Johannes geben.“

Und Zacharias kann – obwohl der Engel und seine Worte so real sind, nicht anders als seine Realität dagegen zu stellen:

„Woran soll ich das erkennen? Denn ich bin alt und meine Frau ist hochbetagt.“

Soll heißen: Wie soll das denn bitte gehen?

Und der Engel stellt sich ihm vor und verordnet Zacharias eine vorweihnachtliche Schweigezeit:

„Und siehe, du wirst verstummen und nicht reden können bis zu dem Tag, an dem dies geschehen wird, weil du meinen Worten nicht geglaubt hast, die erfüllt werden sollen zu ihrer Zeit.“

Und dann erfüllt sich das alles wirklich! Elisabet wird schwanger. Und in dieser Zeit wird auch Maria vom Engel besucht – und auch sie – die junge Frau, die mit Elisabet verwandt war, wird schwanger.

Schließlich kommt Johannes zur Welt. Und als der alte Vater das Kind sieht, da gibt es kein Stottern und kein Schweigen, er hatte ja die ganze Zeit geschwiegen. Die Lippen öffnen sich zum Loben und Singen:

67 Und sein Vater Zacharias wurde vom Heiligen Geist erfüllt, weissagte und sprach: 68 Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk 69 und hat uns aufgerichtet ein Horn des Heils im Hause seines Dieners David – 70 wie er vorzeiten geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten –, 71 dass er uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen, 72 und Barmherzigkeit erzeigte unsern Vätern und gedächte an seinen heiligen Bund, 73 an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham, uns zu geben, 74 dass wir, erlöst aus der Hand der Feinde, ihm dienten ohne Furcht 75 unser Leben lang in Heiligkeit und Gerechtigkeit vor seinen Augen. 76 Und du, Kindlein, wirst Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest 77 und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden, 78 durch die herzliche Barmherzigkeit unseres Gottes, durch die uns besuchen wird das aufgehende Licht aus der Höhe, 79 auf dass es erscheine denen, die sitzen in Finsternis und Schatten des Todes, und richte unsere Füße auf den Weg des Friedens.

Drei Aspekte möchte ich hervorheben.

Zacharias singt sein Lied und sieht den langen Weg
Zacharias singt sein Lied und erkennt die Rettung aus Not
Zacharias singt sein Lied und gibt den „Sinn“ weiter

Zacharias singt sein Lied und sieht den langen Weg

Ich sehe meistens nur den kurzen Weg. Wie es momentan um mich steht und was mich ärgert oder freut. Wie es mir gerade geht. Gesund und mutig oder irgendwie müde und eine Erkältung ist im Anflug. Ja, es ist schön, im Hier und Jetzt zu sein, gegenwärtig, aber wie bin ich denn hierhin geraten, was hat mich auf diesem langen Weg geführt: Mich, meine Familie, die Menschen, zu denen ich gehöre?

Zacharias singt sein Lied und sieht den langen Weg. Er holt ganz weit aus. Immer wieder hat Gott sein Volk besucht. David kommt ihm in den Sinn – kein Wunder, dass er singt. Und Zacharias sieht Johannes vor sich, er und Elisabet haben den Namen, der bedeutet dass Gott gnädig ist, vom Engel übernommen und Zacharias erinnert sich an die lange Geschichte Gottes mit seinem Volk, dass Gott an seinen heiligen Bund, denkt, und an den Eid, den er geschworen hat unserm Vater Abraham.

Das ist das Erste, was mich beschäftigt: Zacharias singt sein Lied und sieht den langen Weg. Vielleicht nehmen Sie sich heute mal ein Fotoalbum und suchen die Bilder der – meistens sind es – vier Großeltern. Was denen in ihrem Leben begegnet? Wann ging es ihnen schwer, wann war das Glück und die Bewahrung groß? Wann hielten sie das Kind in den Armen, das dann einmal Ihr Vater oder Ihre Mutter werden sollte. Ihr Weg hat doch schon beim Weg der Großeltern angefangen, natürlich schon vorher, aber irgendwann gehen die Fotos aus! Und natürlich, in jeder Familie gibt es auch Vorfahren, die kein Stolz des Stammbaums sind, und nicht selten gibt es Menschen, von denen weiß man, dass sie anderen Leid zugefügt haben. Aber auch denen wurde das Leben geschenkt und auch die haben es weitergegeben. Und bei fast jedem Menschen gibt es Spuren des Glücks und der Zuwendung und der Liebe auf der Lebenslinie. Wie ist das bei dir?

Das Zweite:

Zacharias singt sein Lied und erkennt die Rettung aus Not

Im Gedicht von des Romantikers Gustav Schwab geht es ähnlich zu. Da reitet einer in der Nacht über eine große Ebene und kommt an einem Wirtshaus an. Er weiß, da muss noch ein See kommen. Und am Fenster öffnet eine junge Frau. Und er fragt:

"Willkommen am Fenster, Mägdelein,
an den See, an den See, wie weit mags sein?
Die Maid, sie staunet den Reiter an:
"Der See liegt hinter dir und der Kahn.“

Das Mädchen stirbt fast vor Schreck als sie hört, dass er nicht mit dem Boot, sondern dem Pferd gekommen sei. Über den Bodensee sei er doch schon geritten und könne von Glück sprechen, dass das junge Eis nicht geborsten sei.

Manchmal sind wir der Reiter über den Bodensee, der zu spät oder vielleicht gar nicht begreift, wieviel im bisherigen Leben Bewahrung war!

Ich habe es neulich selbst erlebt. Ich bin zu spät abgebogen und war noch zu schnell. Da trug es mich ein wenig aus der Kurve hinaus und alles war gut. Und Sekunden danach sah ich die Radfahrerin, in die ich hineingefahren wäre, wäre ich selbst nur drei Sekunden später dran gewesen. Ich vermute, jeder und jede von uns kennt solche Momente. Bewahrt vor großer Gefahr.

Da war einer da, der

„uns errettete von unsern Feinden und aus der Hand aller, die uns hassen“.

Man muss keine persönlichen Feinde haben, um das zu begreifen und nachzuvollziehen.

In wieviel Not hat nicht der gnädige Gott über dir Flügel gebreitet

– so singt Joachim Neander und lädt uns ein mitzusingen.

Und Zacharias deutet unter diesem Vorzeichen die ganze Geschichte Israels bis zu seiner Existenz und zur glücklichen und unerwarteten Geburt seines Sohnes. Wir sind nur hier, weil Gott uns auf dem langen Weg begleitet hat und vor Feinden und Gefahr behütet hat.

Ja, man auch von Zufall reden. Und nicht genau sagen, wie es zu erklären ist, dass Gott dem einen Bewahrung schenkt und anderen Menschen Schlimmes widerfährt. Aber das ändert nichts daran, dass Dankbarkeit eine bessere Haltung ist als Selbstverständlichkeit! Das Leben aufmerksamer zu betrachten!

Und das Dritte:

Zacharias singt sein Lied und gibt den „Sinn“ weiter

Vielleicht können Sie das gar nicht gut hören, wenn der alte Vater zu dem kleinen Johannes, der einmal der Täufer werden wird, spricht:

Und du, Kindlein, wirst Prophet des Höchsten heißen. Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest...

Dass die Väter und Mütter den Weg der Kinder so vorherbestimmen wollen, das mag uns übergriffig vorkommen und man mag gleich einwenden, dass der Priester nur weitergibt, was der Engel schon über das Leben des Kindes gesagt hat.

Uns wäre sicher entscheidend, dass das Kind selbst seinen Weg und seine Berufung findet. Umso wichtiger ist es, dass Zacharias seinem Kind etwas anderes in die Wiege legt: Nämlich, nicht das Johannes etwas Bestimmtes tut und ein äußeres Bild erfüllt, sondern etwas in seinem Leben kräftig wird:

Erkenntnis des Heils
Vergebung der Sünden
herzliche Barmherzigkeit Gottes

Er soll keine Prophetenschule besuchen, keinen Abschluss an einer besonderen Universität besuchen, sondern in seinem Leben soll die vergebende Liebe Gottes laut werden, die ein Licht ist in der Dunkelheit und Menschen auf den Weg des Friedens führt.

Was wäre das für eine schöne pädagogische Aufgabe, nicht Druck und Hürden, nicht Aufgaben und Anforderungen, sondern Sinn und Licht zu vermitteln?

Drei Aspekte aus dem Benedictus des Zacharias:

Zacharias singt sein Lied und sieht den langen Weg
Zacharias singt sein Lied und erkennt die Rettung aus Not
Zacharias singt sein Lied und gibt den „Sinn“ weiter

Ich habe es schon gesagt: Das Benedictus von Zacharias, das Magnificat der Maria und das „Nunc dimittis“ des Simeon rahmen als die „Cantica“ die neutestamentlichen Lieder die Weihnachtsgeschichte ein. Sie sind das musikalische Rahmenprogramm, das sich nicht zufällig um diese Mitte herum bildet.  Diese drei Lieder haben eines gemeinsam: Sie holen auf der Zeitschiene weit aus: Sie fangen bei Abraham an und enden damit, dass Gott mit dieser Welt zum Ziel kommt. Und sie machen den Rahmen groß und verlieren die Mitte darin nicht. Es sind sehr persönliche Lieder, die gleichzeitig eine große politische Weite in Blick nehmen. Und das alles, weil Gott ein Kind wird, weil ein König in der Krippe liegt, weil eine junge Frau aus Galiläa in Betlehem ihr Kind bekommt und das wegen der Steuerlisten des Kaisers Augustus. Weil Jesus in diese Welt kommt, weil sein Reich die Reiche der Könige in Frage stellt, und die Armen und die Reichen eingeladen sind, weil Gottes Liebe immer größer ist, deshalb wird gesungen!

Was ist dein Lied im Advent?

Amen.

 

 

 

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