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Glauben und Verstehen (und Vertrauen!)

Predigt gehalten von Pfarrer Andreas Klein am 8.10.2017 in der Bergkirche in Frankfurt-Sachsenhausen

Markus 9 (Neue Genfer Übersetzung)

17 Einer aus der Menge antwortete: »Meister, ich bin mit meinem Sohn gekommen; ich wollte mit ihm zu dir, weil er einen stummen Geist hat. 18 Wo immer dieser ihn packt, wirft er ihn zu Boden; dem Jungen tritt Schaum vor den Mund, er knirscht mit den Zähnen und wird ganz starr. Ich habe deine Jünger gebeten, den Geist auszutreiben, doch sie konnten es nicht.«

19 »Was seid ihr nur für eine ungläubige Generation!«, sagte Jesus zu ihnen. »Wie lange soll ich noch bei euch sein? Wie lange soll ich euch noch ertragen? Bringt den Jungen zu mir!« 20 Man brachte ihn, und sowie der Geist Jesus erblickte, riss er den Jungen hin und her, sodass dieser hinfiel und sich mit Schaum vor dem Mund auf dem Boden wälzte. 21 »Wie lange geht das schon so mit ihm?«, fragte Jesus den Vater des Jungen. »Von klein auf«, antwortete der Mann. 22 »Oft hat der Geist ihn sogar ins Feuer oder ins Wasser geworfen, um ihn umzubringen. Doch wenn es dir möglich ist, etwas zu tun, dann hab Erbarmen mit uns und hilf uns!« - 23 »Wenn es dir möglich ist, sagst du?«, entgegnete Jesus. »Für den, der glaubt, ist alles möglich.« 24 Da rief der Vater des Jungen: »Ich glaube! Hilf mir heraus aus meinem Unglauben!«

25 Als Jesus sah, dass immer mehr Leute zusammenliefen, trat er dem bösen Geist mit Macht entgegen. »Du stummer und tauber Geist«, sagte er, »ich befehle dir: Verlass diesen Jungen sofort und geh nicht wieder in ihn hinein!« 26 Da schrie der Geist auf, riss den Jungen heftig hin und her und verließ ihn. Der Junge blieb regungslos liegen, sodass die meisten dachten, er sei tot. 27 Doch Jesus ergriff ihn bei der Hand, um ihn aufzurichten. Da stand der Junge auf.

Liebe Gemeinde,

in der vergangenen Woche war es wieder so weit. Tag für Tag der Gang durch die Wissenschaften und die Verkündung der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften des nächsten Nobelpreises. Meistens geht diese Ehrung dann an immer gleich aussehende amerikanische Professoren, bei denen man annehmen muss, es sei höchste Zeit, dass sie den Preis dringend jetzt und nicht im nächsten Jahr bekommen. Und immer wieder bemühen sich die Nachrichten allgemeinverständlich zu erklären, was diese Forscher denn Wichtiges entdeckt haben und inwiefern das der Forschung dient – oder gar dem Leben der Menschen!

Dabei stoße ich regelmäßig an meine Grenzen. Ja, ich kann verstehen, dass es immer bessere Mikroskope gibt, die in 3-D bis in die Atomstruktur hinein zeigen, wie das Leben der Zellen funktioniert. Aber bei den Themen der Physik ist es bei mir vorbei. Dass es – wie Einstein schon vermutete, aber nicht beweisen konnte – im Universum beim Zusammenstoß von schwarzen Löchern dazu kommt, dass sich Wellen der Schwerkraft, also Gravitationswellen durch die Materie des Universums bewegen und alles stauchen und dehnen, was ihnen begegnet: Das wurde nun im Versuch bewiesen. Alles wird gestaucht und gedehnt – das würde einiges in meinem Leben erklären und manchmal auch das Aussehen der Mitmenschen am frühen Morgen. Aber ehrlich: Die Krümmung des Raum-Zeit-Kontinuums ist eine schwere Kost.

Glauben Sie daran? Verstehen Sie es auch?

Wenn Ihnen bei einer Familienfeier einmal langweilig ist, was ja auch vorkommen kann, und sich vielleicht auch mit dem Stauchen und Dehnen der Materie erklären lässt, dann könnten Sie einmal die Frage stellen, ob man an Homöopathie glauben muss, damit die Globoli wirken. Oder sie könnten die Frage stellen, ob es rational ist an Gott zu glauben.

Für Paulus war das eine Erfahrung: Wenn er Menschen in den gebildeten griechischen Kreisen erzählt, hat, dass der Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, Mensch geworden ist, und dieser Mensch für unsere Schuld den schäbigen Verbrechertod gestorben ist und Gott diesen Menschen am dritten Tag danach auferweckt hat und er mit den Zeichen des Todes der Lebendige ist, der Menschensohn, der Kyrios, der Herr, – dann haben diese gebildeten, griechischen Menschen gesagt, das ist sei doch eine Torheit. Ein Skandal, so etwas zu glauben. Und einige haben es geglaubt.

Das hat dazu geführt, dass in der Diskussion der alten Kirche – es ist nicht wirklich belegt – taucht aber immer wieder auf, der Satz vorkommt: Credo, quia absurdum est. (Ich glaube, weil (nicht obwohl!), sondern weil es verrückt ist.) Christlicher Glaube wäre dann eben nur im diametralen Widerspruch zur Vernunft echt und plausibel: Menschwerdung, Kreuzestod und Auferstehung des ewigen Gottessohnes widersprechen doch jedem vernünftigen Gottesbegriff!

Und es gibt einen zweiten Satz: Credo ut intelligam (lat., „ich glaube, damit ich erkennen kann“) das ist eine Kurzformulierung für ein theologisch-philosophisches Programm von Anselm von Canterbury (1033–1109). Ich glaube, und ich will es auch verstehen. Ich glaube nicht nur, was ich verstehe; es gibt ja so viel mehr als ich sehe und wahrnehme und verstehen kann; aber ich will es gedanklich so gut ich kann durchdringen. Nur weil etwas mysteriös ist, ist es noch lange nicht glaubwürdig!

Und der dritte Satz, wenn ich zwischen Satz 1 und Satz 2 schwanke? Wenn mir alles unglaubwürdig vorkommt, meine Sehnsucht aber einen Ort sucht? Und mein Geist, meine Vernunft der Sehnsucht sagt. Lass dir nichts vormachen!

Dann gibt es einen dritten Satz:

Es ist der Satz dieses Vaters. Sein Sohn leidet unter dem, was wir schon lange als die Krankheit der Epilepsie beschreiben würden.

Wir haben die Geschichte gerade gehört. Bei dieser Erzählung könnte die Vernunft zunächst sagen: „Wie bitte soll ich an eine Geschichte glauben, in der die Menschen diese Krankheit mit der Wirkmacht von Dämonen verstehen und so deuten, dass Jesus stärker sei als die Dämonen!“

Und wenn nun die Vernunft dann nochmal mit der Erfahrung spricht, dann kommt sie vielleicht auf den Gedanken, dass die Menschen damals, auch Jesus, keine andere Vorstellung hatten, diese Krankheit zu deuten.

Es geht auch nicht um die richtige Deutung der Krankheit ist, sondern um die Wirkung: Jesus heilt – es spielt keine Rolle, was es genau war und wie man es erklären kann.

Dann wird schnell klar: Binde deine Erfahrung nicht an dein Verstehen fest – lass doch zu, dass der Eisberg unter Wasser noch viel größer ist!

In dieser Geschichte, mitten zwischen völliger Ahnungslosigkeit und der Sehnsucht, die verstehen will, der Satz dieses Vaters: »Ich glaube! Hilf mir heraus aus meinem Unglauben!«

Hilf mir heraus! Da wird ein Weg gesucht. Es gibt keinen Ein- und Aus-Schalter zwischen Nicht-Glauben und Glauben, sondern da verläuft ein Weg.

Kein einfacher, aber ein gangbarer Weg. Und um so mehr erschießt sich das, wenn man weiß, dass im biblischen Sinn „Glauben“ viel stärker als im Deutschen „Vertrauen“ bedeutet. Dann heißt es also: „Ich vertraue dir. Hilf mir heraus aus meinem Misstrauen.“

Und die Geschichte macht deutlich, dass es immer wieder hin und her geht auf dem Weg zwischen Misstrauen und Vertrauen. Jesus befiehlt – so heilt er ihn – dem bösen Geist der Krankheit den Jungen zu verlassen.

Dann heißt es:

Der Junge blieb regungslos liegen, sodass die meisten dachten, er sei tot.

Was wird der Vater in diesem Moment gedacht haben! Oh, das habe ich nun von meinem Vertrauen?

Doch Jesus ergriff ihn bei der Hand, um ihn aufzurichten. Da stand der Junge auf.

Drei Sätze zum Glauben sind wir abgeschritten:

Ich glaube (oder gerade nicht) weil es unvernünftig ist.

Ich glaube, und will besser verstehen.

Ich glaube – ich vertraue dir! Hilf mir aus meinem Unglauben.

Vielleicht sortieren Sie sich gerade ein – wo Ihr Weg gerade verläuft. Es ist ein Weg des Glaubens. Und was ist dein nächster Schritt auf diesem Weg?

Vielleicht sitzen Sie ja noch mit ihren Verwandten an der Kaffeetafel, an der Ihnen langweilig war und Sie die Frage gestellt hatten, ob der Glaube denn rational sein kann.

Immer mehr wird deutlich: Wir vertreten keinen Standpunkt – wir sind unterwegs.

Amen.

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